BERLIN Ein Ende der Abschiebungen in die Demokratische Republik Kongo und nach Togo forderten am Freitag rund 150 Menschen in Berlin. Die Demonstration unter dem Motto “Hier geblieben! Recht auf Bleiberecht!” war von der Initiative “Anticolonial Africa Conference Berlin 2004” und dem Brandenburger Flüchtlingsrat organisiert worden. Vom Pariser Platz am Brandenburger Tor zogen die DemonstratInnen — fast ausschließlich FlüchtlingsaktivistInnen — über die Straße Unter den Linden vor das Auswärtige Amt. Der vom Auswärtigen Amt verfasste Lagebericht zur DR Kongo berichte zwar von Krieg und Folterungen, gehe aber dennoch davon aus, das Abschiebungen in das afrikanische Land verantwortbar seien. Dieser Widerspruch wurde von den DemonstrantInnen scharf kritisiert und ein sofortiger Abschiebestopp gefordert — auch für den Togo, wo die Verhältnisse ähnlich seien.
Viele der AktivistInnen waren in weiße Overalls gekleidet. “Das ist ein Symbol für die vielen unbekannt gebliebenen Flüchtlinge, die aus Deutschland deportiert wurden”, wurde erklärt. Die derzeitigen Abschiebungen in die extrem unsicheren Staaten DR Kongo und Togo seien nur eine besonders dramatische Ausformung der inhumanen deutschen Deportationspolitik. Erst vor wenigen Wochen war Raphael Batoba aus Berlin in den Kongo abgeschoben worden. Innensenator Körting stützte sich dabei auf den erwähnten Lagebericht des Auswärtigen Amtes. Mit Liedern, Trommeln und Sprechchören protestierten die DemonstrantInnen gegen diese Abschiebepolitik.
Auch in Brandenburg sind Kongolesen und Togolesen abschiebebedroht. Erwähnt sei hier in Rathenow Orabi Mamawi aus Togo, ein Opfer rassistischer Gewalt, das deportiert werden soll. Ebenfalls bedroht ist Steve Wantamba Ntamba aus der DR Kongo, dessen Abschiebung zurzeit nur vorläufig ausgesetzt ist.
Auf dem Leittransparent der Demo wurde sich mit der Parole “Stop War Business” gegen eine militärische Intervention von Außen in den Kongo ausgesprochen. Ohne Überwindung der €päischen Kolonisation kann es keinen Frieden im Kongo geben. (..) Auch die Intervention der UNO bekämpft nicht den Krieg sondern will die Früchte des Krieges für Europa und die USA sichern”, erklärte dazu “Anticolonial Africa Conference” in einem Flugblatt.
Vereinzelt führte die Polizei übrigens am Anfang der Demo Taschenkontrollen durch.
Verantwortung abgeschoben
Kundgebung vor dem Auswärtigen Amt gegen Ausweisungen in den Kongo und nach Togo
(Junge Welt, Jeannette Winkelhage, 20.9.) Etwa 200 Menschen, die meisten mit schwarzer Hautfarbe, hatten sich gestern vor dem Auswärtigen Amt versammelt. Sie wirkten sehr nervös. Aus einem Autolautsprecher ertönte Musik, die jedoch bald verstummte, um dem ersten Redner Gehör zu verschaffen. Ein Farbiger begann, auf Französisch einige Worte an die Versammelten zu richten. Seine Stimme war angespannt, sie hatte einen verzweifelten Unterton. Offenbar ist er selbst betroffen, zumindest scheint er Menschen zu kennen, denen es so geht.
Trotz verheerender Lageberichte des Auswärtigen Amtes über Togo und die DR Kongo werden weiterhin Asylsuchende in diese Länder abgeschoben. Noch vor wenigen Wochen ließ Innensenator Erhart Körting (SPD) Raphael Batoba, der elf Jahre hier gelebt hatte, ohne Rücksicht auf diese Verhältnisse in den Kongo abschieben (jW berichtete). Aus diesem Grund rief der Flüchtlingsrat Brandenburg zusammen mit der Initiative Anticolonial Africa Conference Berlin 2004 am Freitag zu einer Demonstration mit anschließender Protestkundgebung vor dem Außenministerium auf. Im Lagebericht zur DR Kongo vom Juli 2003 heißt es, »grundlegende Menschenrechte werden weiterhin verletzt«. Weiterhin steht darin, daß die »Entwicklung der politischen Situation weiterhin unsicher« und die wirtschaftliche Lage »verheerend« sei. In Togo seien vor allem politisch aktive Mitglieder der Opposition gefährdet. Laut Lagebericht vom August 2002 würden diese effizient eingeschüchtert. Die togolesische Justiz könne »nicht als unabhängig« bezeichnet werden; »innerhalb der Sicherheitskräfte dominiert die Heimatethnie des Präsidenten«.
Es könne nicht sein, daß diese Berichte eine Abschiebung legitimieren, so ein Teilnehmer der Protestaktion. Die katastrophalen Bedingungen in Kongo und Togo scheinen ein Leben in diesen Ländern unmöglich zu machen. Um darauf aufmerksam zu machen, hatten vier der Teilnehmer an diesem Tag einen Termin mit Uwe Koch, für Westafrika zuständiger Mitarbeiter im Auswärtigen Amt. In einer ihm übergebenen Petition fordern der Flüchtlingsrat und die Anticolonial Africa Conference, »erstens die Konsequenz aus den eigenen Erkenntnissen zu ziehen und zweitens weitere Berichte von Nichtregierungsorganisationen und Menschen, die dort leben, zu Rate zu ziehen«, was bisher jedoch nicht oder nur zu wenig getan wurde. Kurz und knapp wurde die sofortige Beendigung der Abschiebung in die Länder Kongo und Togo gefordert. Zu einem konstruktiven Gespräch zwischen Uwe Koch und den Vertretern der Asylsuchenden kam es jedoch nicht. Nach Auskunft einer Vertreterin des Flüchtlingsrates verwies der Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes auf die Verantwortung des Innenministeriums, mit der Begründung, daß diese Behörde ja über die Abschiebung entscheide. Trotz großer Enttäuschung wollen sich die Helfer der Asylsuchenden davon jedoch nicht entmutigen lassen. »Wir machen weiter mit unserem Protest«, verkündeten sie einstimmig.