Biesenthal — Die NPD Barnim Uckermark hatte für Dienstag, 17 Uhr in Biesenthal (Landkreis Barnim) spontan eine Kundgebung angemeldet, nachdem in der Nacht von Montag zu Dienstag ein vermeintlicher Anschlag auf die Autos des ehemaligen Kreisvorsitzenden Mike Sandow verübt worden war. Die beiden Fahrzeuge seinen völlig ausgebrannt, berichtet die Feuerwehr. Über die Brandursache wird bisher spekuliert. Für Sandow und die NPD war es ein gezielter „Mordanschlag“ durch „die Kommunisten“ (Zitate aus einem Bericht des Nationalen Netztagebuchs).
In der selben Nacht habe es auch Anschläge in Königs Wusterhausen (Landkreis Dahmeland) und Schönow (Bernau bei Berlin) gegeben – in beiden Fällen soll es sich um bekannte Neonazi-Kneipen handeln.
Die NPD in Biesenthal macht den Bürgermeister André Stahl, die Landtagsabgeordnete Margitta Mächtig und den Pfarrer Christoph Brust verantwortlich, da diese „den Hass in der Stadt schüren“.
Vor dem Biesenthaler Rathaus, wo die NPD Veranstaltung durch Mike Sandow und Marco Rhode (neuer Vorsitzender des Kreisverbandes Barnim- Uckermark), angemeldet ist, sieht man neben den üblichen Dorfjugendlichen, nur Klaus Mann (DVU Vorsitzender Barnim, Uckermark, Oberhavel), samt Frau und Sohn, die dort für wenige Minuten verweilen. Die Familie Mann ist schnell wieder verschwunden, denn von ihren Kameraden weit und breit keine Spur. Dafür treffen nach und nach immer mehr Jugendliche und Bürger_innen ein, die sich gegen die Nazis stellen wollen. Wenig später erscheint Mike Sandow, läuft über den Markt, schüttelt hier und da ein paar Hände und verschwindet wieder. Auf die geplante Kundgebung weist lediglich das schmale Aufgebot der Polizei hin. Viele Menschen sitzen am Markt, aber niemand weiß so recht was passieren wird. Etwa zwei Stunden lang passiert fast nichts. Die wenigen Nazis verschwinden schnell, NPD — sympathisierende und neugierige Jugendliche und ältere Bürger_innen warten am Markt, auch der Gegenprotest wartet ungeduldig. Es wird spekuliert und Gerüchte werden laut, bis es endlich klar ist: Die Nazis sammeln sich auf dem Gelände des ehemaligen Asylbewerber_innenheim, welches die NPD zum Schulungszentrum ausbauen wolle. Von dem etwa zwei Kilometer entfernten Gelände fahren sie im Autokorso Richtung Markt, wo bereits der NPD – Bundesvorsitzende Udo Voigt und der Vorsitzender des NPD Landesverbandes Brandenburg Klaus Beier warten. Vom Markt wollen sie nun, statt einer Kundgebung eine Demonstration durchführen.
Etwa 150 Nazis, von NPD und DVU, Freien Kräften und ehemaligen Kameradschaften laufen gegen 19.30 Uhr vom Markt bis zur Neubausiedlung und wieder zurück. Neben NPD Fahnen sind auch Transparente der „Freien Kräfte Teltow Fläming“ und des nicht mehr existenten „ Nationalen Infoportal Brandenburg“ zu sehen. Flyer mit dem Text des Nationalen Netztagebuches zum vermeintlichen Anschlag werden verteilt. Redebeiträge gibt es nicht. Die Ordner müssen ihre aggressiven Kameraden zurück in den Demonstrationszug drängen, denn der Gegenprotest scheint den Kameraden ein Dorn im Auge zu sein. Während die Nazis lautstark den „Nationalen Sozialismus“ fordern und Parolen wie „Nie wieder Krieg nach unserem Sieg“ brüllen, stellen sich Gegendemonstranten an die Route, u.a. mit einem Transparent der Brandenburger Kampagne „Keine Stimme den Nazis“. Auch Flyer der Kampagne werden in der Stadt verteilt (wie auch am 31.Mai).
Viele Bürger_innen aus Biesenthal schütteln den Kopf und schimpfen, als die Nazis an ihnen vorbeilaufen. Sie wissen von den Plänen der NPD ein Schulungszentrum in ihrer Stadt zu errichten und wollen dagegen handeln. „Wir sollten Konzerte machen oder öfter einen Gottesdienst gegen die Nazis abhalten“ hieß es. Aber es gibt auch andere in Biesenthal die nicht so entschlossen gegen Nazis auftreten. Die Folgen bspw. von akzeptierende Jugendarbeit mit Rechten ist hier nur zu erahnen. So liefen im NPD Zug ebenso Jugendliche des örtlichen Jugendclubs mit. Dort können linke sowie rechte miteinander kickern.
Bei der Abschlusskundgebung gegen 21 Uhr stehen die Nazis mit Fackeln und lauschen den Worten von Udo Voigt und Klaus Beier. Sie sprachen von Mitgefühl für die Familie Sandow, die bei den Kommunalwahlen für die NPD in Biesenthal antritt.