NEURUPPIN Vor zwei Wochen waren zwei Polizeibeamte bei einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe rechtsgerichteter Jugendlicher auf dem Gelände der Shell-Tankstelle an der Neuruppiner Heinrich-Rau-Straße verletzt worden.
Einer von ihnen war Christian G. Der 18-jährige wurde gestern vor dem Neuruppiner Amtsgericht in einem beschleunigten Verfahren verurteilt: neun Monate Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich muss Christian G. 400 Euro an eine Gemeinnützige Einrichtung Zahlen.
Mehr oder weniger zufällig will Christian G. in die Gruppe an der Tankstelle geraten sein. Dabei wollte er gegen zwei Uhr morgens nur noch Alkohol besorgen. Da er nach seinen Angaben, bereits eine halbe Flasche Klaren, gemischt mit Orangensaft, vier kleine Schnapsgläser Kirschlikör und zwei bis drei Schnapsgläser Gin getrunken – und das alles in knapp drei Stunden. Deshalb könne er sich auch nicht mehr erinnern, ob eine Flasche in der Hand gehalten und damit zugeschlagen habe, als die Beamtin ihn festhielt. Vorsorglich hatte sich der Gas-Wasserinstallateurlehrling noch vor Ort bei ihr entschuldigt. Falls er sie aus Versehn getroffen habe, täte es ihm Leid.
An ein Versehn mochte Kathleen W. nicht recht glauben. Als sie den Flüchtenden zufassen bekam, habe Christian G. ausgeholt und mit einer Flasche zugeschlagen. Vor Schmerz ließ sie ihn los. Noch heute ist ihr Arm bandagiert. Ein Kollege konnte Christian G. festhalten. Warum er auf Zuruf der Polizei nicht stehen blieb, wusste der 18-Jährige nicht: „Ich hatte Angst, dass es so kommt, wie es kam.“ Für seinen Verteidiger eine typische Jugendverfehlung. Ohne Sinn und Verstand habe sich sein Mandant da hineingeritten, obwohl er keinen Grund hatte zu fliehen.
Wegen der Alkoholisierung von Christian G. ging der Verteidiger von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Er beantragte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Ein Alkoholtest vier Stunden nach der Tat hatte 0,66 Promille ergeben. Auf die Beamtin hatte Christian normal gewirkt. Auch das Gericht glaubte seinen Trinkmengen nicht.
Der Vertreter der Jugendrechtshilfe sprach sich für die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht aus – weil Christian G. de facto erwachsen sei. Gegen ihn spreche auch, dass er schon einmal wegen Körperverletzung vor Gericht stand, so Richter Pries. Er stand dem 18-Jährigen aber eine günstige Sozialprognose zu.