(MAZ, 12.8., Viola Volland) POTSDAM Noch scheint das “Projekt Schulhof” in Brandenburg nicht angelaufen zu sein.
Bisher habe keine Schule gemeldet, dass bei ihr Neonazis CDs verteilt hätten, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Thomas Hainz, gestern der MAZ. Anfang Juli hatte das Innenministerium vor der rechtsextremen
Propaganda-Aktion gewarnt. 50 000 Multimedia-CDs mit dem Titel “Anpassung ist Feigheit — Lieder aus dem Untergrund” seien gepresst worden, um sie auf Schulhöfen zu verteilen, hieß es damals. Bildungsminister Reiche hatte daraufhin in der vergangenen Woche an alle Schulleiter einen
Maßnahmenkatalog verteilt, der den Lehrern Ratschläge gibt, wie mit der CD inhaltlich und formal umgegangen werden soll. “Die Schulleiter sind sensibilisiert”, sagte Hainz gestern.
In vielen Schulen heißt es nun, man fühle sich gewappnet. “Wir haben sehr viele Instrumente, wie wir reagieren können”, sagte die Leiterin der Neuruppiner Alexander-Puschkin-Schule, Inge Wehrmann. “Jeder Lehrer hat das Material des Ministeriums zur Hand, jeder kann deshalb argumentieren”, so Wehrmann. Im Unterricht werde nun Aufklärung betrieben. Auch in der Hennigsdorfer Albert-Schweitzer-Schule (Oberhavel) wird auf “präventive
Gespräche” im Unterricht gesetzt, wie Schulleiterin Sybille Kutschke-Stange sagte. “Wir haben sehr wache Ohren und passen genau auf, aber es hat keinen Sinn, jetzt hysterisch zu werden”, sagte Kutschke-Stange. Ähnlich äußerte
sich der Schulleiter der Potsdamer Carl-Friedrich-Benz-Realschule, Dirk Lenius: “Ich habe meine Kollegen informiert, alle sind aufmerksam, aber wir machen im Vorfeld keine Panik.” In der Voltaire-Gesamtschule in Potsdam haben Schüler inzwischen eine schulinterne Initiative angeregt, sich als Schule von der CD-Aktion zu distanzieren.
Das Bildungsministerium stuft die CD inhaltlich auch deshalb als gefährlich ein, weil sie sich auf eine subtile Art an labile Schüler richte, denen sie rechtsextreme Ideologie als Problemlöser anbieten, berichtete Sprecher Thomas Hainz. Strafrechtlich gebe es aber wenig Handhabe gegen die
verklausulierten Texte. “Die Texte bewegen sich in der Grauzone des Strafrechts”, informierte auch der Sprecher des Innenministeriums, Heiko Homburg.
Auf der wahrscheinlich im Ausland produzierten CD seien in der Szene einschlägig bekannte Bands vertreten, unter ihnen die brandenburgische Skinheadband “Frontalkraft”. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass Brandenburger mit der Produktion zu tun hatten. Die Spur führe nach
Westdeutschland.
Homburg bezeichnete rechtsextreme Musik als “Einstiegsdroge” in die Szene. Sie fungiere als “Bindeglied” zu der Gruppenkultur. 616 rechtsextreme Tonträger habe allein die Mobile Einsatztruppe gegen Ausländerfeindlichkeit im ersten Halbjahr dieses Jahres beschlagnahmt.