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(Anti-)Rassismus Geschichte & Gedenken

20 Jahre Pogrom in Cottbus

Mit ein­er Kundge­bung erin­nerten am 31. August, trotz strö­menden Regens, ca. 100 Men­schen an die pogro­mar­ti­gen Auss­chre­itun­gen vom 28. bis 31. August 1992 in Cot­tbus-Sach­sendorf. Damals hat­ten mehrere hun­dert Neon­azis das Flüchtling­sheim in Cot­tbus ange­grif­f­en. Mit dem Mot­to der Ver­anstal­tung “Gedenken reicht nicht — Ras­sis­mus tötet immer noch!” wollen sie darauf hin­weisen, dass Aus­gren­zung und Ras­sis­mus auch heute noch in der Bevölkerung vorhan­den sind — auch unbe­wusst. Auf der Kundge­bung wurde ein Kranz für die von Neon­azis ermorde­ten am Platz des ehe­ma­li­gen Flüchtling­sheims niedergelegt.


Die Ver­anstal­ter werten es als Erfolg, dass die Vor­fälle über­haupt wieder in das Licht der Öffentlichkeit gerückt wur­den. Allein im Inter­net informierten sich mehr als 20.000 Men­schen über die Hin­ter­gründe der pogro­mar­ti­gen Auss­chre­itun­gen. Die Vor­fälle müssen in der Stadt zunächst Teil des kollek­tiv­en Gedächt­niss­es wer­den um eine Aufar­beitung über­haupt zu ermöglichen. Ger­ade sie zeigen, dass es neben ver­fes­tigten Neon­azi-Struk­turen auch einen unter­schwelli­gen Ras­sis­mus in der Gesellschaft gibt, der die dama­li­gen Ereignisse erst ermöglichte. 


Vor diesem Hin­ter­grund müssen wir uns alle fra­gen, warum wir alle diese Vor­fälle nicht ver­hin­dert haben, warum große Teile der Gesellschaft pas­siv waren.” erk­lärt Adri­an Stahlberg. Die Stim­mung in der Gesellschaft war gegen Flüchtlinge gerichtet, die damals vor allem aus Jugoslaw­ien kamen. Und so endete beispiel­sweise ein Artikel in der Lausitzer Rund­schau vom 31. August 1992 zu den Auss­chre­itun­gen bezüglich der Flüchtlinge mit dem Satz “Das natür­lich bringt auch den bravsten Deutschen in Rage.”


Die von Neon­azis ini­ti­ierten Pogrome waren somit eben nicht nur Tat­en einzel­ner unter­priv­i­legiert­er Men­schen in den neuen Bun­deslän­dern — sie fan­den in einem poli­tis­chen Umfeld statt, das fak­tisch zur Abschaf­fung des Asyl­rechts im Jahr 1993 führte. Ergeb­nis sind bis heute ein strenges Gren­zregime (Fes­tung Europa) mit jährlich tausenden toten Flüchtlin­gen im Mittelmeer.

Wenn es den Molo­tow-Cock­tail-wer­fend­en Men­schen in erster Lin­ie um ihre soziale Lage gegan­gen wäre, dann hät­ten sie ja eine Art Klassenkampf gegen die Treuhan­danstalt oder das Arbeit­samt geführt — sie aber führten einen Rassenkampf gegen Flüchtlinge.” so Adri­an Stahlberg. 

 

Darüber hin­aus ist es skan­dalös, dass ein­er der Organ­isatoren des dama­li­gen Pogroms, Frank Hüb­n­er, seit 2008 für die NPD in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung in Cot­tbus sitzt.


Hin­ter­grund:

Vom 28.–31. August grif­f­en mehrere hun­dert Neon­azis, organ­isiert mit Funkgeräten und bewaffnet mit Steinen und Molo­tow-Cock­tails das Flüchtling­sheim in Cot­tbus an (heute Lipezk­er Str./ Schopen­hauer Str.). Die Angreifer wur­den damals von der Polizei zurück gedrängt.

 

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