INFORIOT Das lokale Bündnis „Cottbus Nazifrei“ und „Rassismus Tötet“ hatten für Freitag zu einer Kundgebung in Cottbus aufgerufen. Rund 70 Antifaschist*innen nahmen teil und gedachten den pogromartigen, rassistischen Ausschreitungen von 1992 in Cottbus-Sachsendorf.
In den Nächten vom 29.08. bis zum 31.08. 1992 versuchten mehrere hundert Neonazis, die Wohnblöcke des Asylbewerberheimes in Sachsendorf mit Molotovcocktails anzugreifen. Bewaffnet mit Brandsätzen, Baseballschlägern, Messern und Steinen wollten sie die dort lebenden 1000 Bewohner*innen des Asylbewerberheims vertreiben. Über CB-Funk wurde der Angriff koordiniert — was darauf schließen lässt, dass es kein spontaner Akt, sondern ein geplantes Vorgehen organisierter Neonazistrukturen war.
Tatsächlich beteiligten sich an dem Pogrom Mitglieder der am 10. Dezember 1992 verbotenen Deutschen Alternative (DA). Diese zündeten Autos und Mopeds in der Nähe des Wohnkomplexes an und hinderten die Feuerwehr daran, die Brände zu löschen. Obwohl die Polizei den Funk der Neonazis abhören konnte, reagierten sie nur zögerlich und mussten im Zuge der Auseinandersetzungen zeitweilig selbst ins Heim flüchten, um sich vor den Angriffen der Neonazis zu schützen. Dennoch gelang es Feuerwehr und 300 Beamt*innen schließlich, die Angreifer*innen zurückzudrängen. Die Täter*innen kamen meist ohne Konsequenzen davon, die Strafverfolgung erwies sich ebenfalls als mangelhaft.
Eine wichtige lokale Neonazigröße dieser Zeit war der DA-Kader und heutige NPD-Stadtverordnete Frank Hübner. Bereits 1984 wurde Hübner wegen Versuchs der Gründung einer illegalen Wehrsportgruppe in Cottbus inhaftiert und als politischer Häftling von der Bundesrepublik freigekauft. Nach dem Fall der Mauer baute er die DA in Cottbus auf. Mit dem Verbot der DA engagierte es sich weiter innerhalb der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) und der Nazi-Sammelpartei „Die Nationalen“.
Bei den Kommunalwahlen in Cottbus 1993 erzielte Hübner 0,5% als Wahlkandidat der Deutsche Liga für Volk und Heimat (DL). Des Weiteren war er im selben Jahr in der Berlin Brandenburger Zeitung, dem Zentralorgan der Nationalen, tätig. Seit 2008 sitzt Hübner in der Stadtverordnetenversammlung für die NPD. Zuletzt sorgte er im Januar 2012 für Empörung, als er bei der Handzeichen-Abstimmung zur Genehmigung eines des multikulturellen Festes „Cottbus bekennt Farbe“, den Hitlergruß zeigte.
Mit der Gedenkkundgebung wollten die Veranstalter*innen „darauf hinweisen, dass Ausgrenzung und Rassismus auch heute noch in der Bevölkerung vorhanden sind — auch unbewusst“, erklärte das Bündnis Cottbus Nazifrei.
Mit der Kundgebung und den verlesenen Beiträgen, wollten das Bündnis das Ereignis wieder in die Öffentlichkeit rücken und ebenfalls auf die Thematik des Asylrechts, welches 1993 in direkter Folge der bundesweiten Pogrome faktisch abgeschafft wurde, aufmerksam machen.
Im Anschluss an die Kundgebung wurde ein Kranz zur Erinnerung an die von Neonazis ermordeten Menschen im vereinten Deutschland am Platz des ehemaligen Asylbewerberheims hinterlegt.