Nachdem der Jugendorganisation der NPD, den „Junge Nationaldemokraten“ (JN), die Nutzung eines Sportplatzes für die Austragung eines so genannten „Nationalen Fußballturniers“ verwehrt wurde, meldeten Neonazis unter dem Motto „Straftat Fußball? STASI-Methoden im alltäglichen Leben“ zum gestrigen Abend eine Protestkundgebung in der Ofenstadt Velten (Landkreis Oberhavel) an.
Jammer über Verbote in Velten und Dortmund
Gegen 18 Uhr sammelten sich dann ungefähr 70 Mitglieder und Sympathisant_innen der neonazistischen Partei und ihres Jugendablegers vor dem Veltener Rathaus und beheulten den angeblichen „Gesinnungsterror“ der „herrschenden Klasse“.
Der stellvertretende Vorsitzende der Junge Nationaldemokraten, Sebastian Richter, sprach in seinem Redebeitrag sogar von „Staatsterrorismus“, dem er und seine Kameraden zum Opfer gefallen seien. Das staatliche Behörden den umtriebigen Neonazi im Visier haben ist jedoch kein Geheimnis und hat eigentlich auch nichts mit Terrorismus zu tun. Er wird mit den verbotenen Organisationen „Heimattreue Deutsche Jugend“ sowie den „Spreelichtern“ in Verbindung gebracht. Der (Sport)platzverweis am gestrigen Tage war für Richter und andere anwesende Neonazis auch ein willkommener Anlass sich mit weiteren polizeilich aufgelösten Vereinigungen zu solidarisieren. „Solidarität mit dem NWDO“ („Nationaler Widerstand Dortmund“, Verbot am 23. August 2012) wurde während der Veranstaltung mit Kreide auf dem Kundgebungsplatz vor dem Rathaus geschmiert. Zwei Neonazis aus Rathenow hielten zu dem ein Banner mit der Aufschrift „Schöne Grüße nach Dortmund – Solidarität, nicht nur ein Wort!“ hoch.
“Nationales Fußballturnier” im Kleinformat
Fußball wurde gestern dann übrigens doch noch gespielt. Dazu war ein Teil der Neonazis extra in Sportkleidung erschienen, Sebastian Richter z.B. mit einem Trikot der Fußballmannschaft „Eintracht Oranienburg“. Auf dem Rathausrasen traten dann symbolisch eine Auswahl der „BRD“ und der „volkstreuen Jugend“ an, den – wen wundert’s – letzt genannte angeblich mit einem Ergebnis von 14 zu 88 Toren gewann.
Velten schon länger neonazistische Hochburg
Das Neonazis in Velten aber nicht nur Fußball spielen, legt eine Recherche der lokalen Antifa offen. Wie die Antifagruppe Oranienburg in einem Aufruf zu einer Gegenkundgebung schreibt, gilt die Ofenstadt als neonazistische Hochburg im Landkreis Oberhavel, als „No Go Area“. Bereits in den 1980er Jahren, als in der damals noch existenten DDR Antifaschismus Staatsdoktrin war, gab es hier derartige Auffälligkeiten. 1987 kam es beispielsweise in einer Lokalität in der Stadt zu einer Schlägerei zwischen ungefähr 100 Neonazis und der Volkspolizei. Bereits damals gab es organisierte Strukturen, die im Wesentlichen im „Gesamtsturm Velten-Oranienburg“ aktiv waren.
Nach dem später, in den 1990er Jahren auch die „Nationalistische Front“ (NF) und das „Förderwerk Mitteldeutsche Jugend“ (FMJ) für neonazistische Kontinuität in Velten sorgten, tritt dort heute vor allem die NPD in Erscheinung. Sie soll hier über eine Stammwählerschaft zwischen 4–5 % verfügen.
Gegenkundgebung: Protest mit Prominenz
An der Gegenkundgebung von Antifaschist_innen und Zivilgesellschaft nahmen jedoch erfreulicher ungefähr 100 Menschen, darunter der stellvertretende Ministerpräsident Helmut Markov (Die.LINKE) und die Bundestagsabgeordnete Angelika Krüger-Leißner (SPD), teil. Sie zeigten durch lautstarke Bekundungen deutlich, dass die Neonazis auch in Velten, trotz ihres selbstbewussten Auftretens und mit Verstärkung aus anderen Regionen Brandenburgs und Berlin, auch hier eine Minderheit sein können und der „Ofen aus“ ganz schnell aus ist, wenn sich antifaschistischer Protest regt.
Pressefotos:
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