INFORIOT Rund 200 Neonazis haben am Samstag in Brandenburg/Havel weitgehend ungestört demonstrieren können. “Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung” war das scheinheilige Motto der durch die NPD angemeldeten Veranstaltung.
Inhaltlich wollten die Rechten den Jahrestag der Befreiung vom Faschismus — dem Tag der Kapitulation Deutschlands 1945 — als Unglücksdatum der deutschen Geschichte darstellen. “Besetzt und nicht befreit” war beispielsweise auf dem Fronttransparent zu lesen. Immer wieder skandierten die Rechten Parolen wie “Nationaler Sozialismus — Jetzt”.
Das Gros der Teilnehmenden stammte aus Brandenburg sowie aus Berlin und Sachsen-Anhalt. Die Route führte durch das Neubaugebiet in Görden im Norden der Havelstadt. Zu den Rednern gehörten Andy Knape, Chef der “Jungen Nationaldemokraten” in Sachsen-Anhalt, sowie Ronny Zasowk, NPD-Funktionär aus Cottbus.
Direkten Protest gegenüber den Neonazis wurde während der Demonstration nur vereinzelt geäußert. Lediglich am Hauptbahnhof gelang es etwa 30 Antifas, den abreisenden Rechten lautstark “8. Mai — nazifrei” entgegen zu rufen. Die Polizei verhinderte die Protestrufe jedoch nach nur wenigen Sekunden durch ruppiges Einschreiten — “politische Meinungsäußerungen” wollte sie nicht dulden.
Zuvor hatte es eine antifaschistische Kranzniederlegung am sowjetischen Ehrenmal in der Steinstraße sowie einen Fahrradkorso durch die Innenstadt gegeben. Am Theaterpark, abseits vom Geschehen also, fand ein mäßig besuchtes “Bürgerfest” gegen die Nazidemonstration statt, bei dem Bands spielten. Organisationen vom Verfassungsschutz und der Polizei bis hin zu SPD und Linkspartei waren mit Infoständen präsent. (Zu den Gegenaktivitäten siehe den Vorabbericht des Antifaschistischen Netzwerks Brandenburg/Havel.)
Über eventuelle Festnahmen ist bisher nichts bekannt.
In Brandenburg/Havel befand sich während des NS-Regimes die “Landespflegeanstalt”, in der nach Nazi-Lesart “unwertes Leben” systematisch vernichtet wurde. Psychisch kranke Menschen wurden dort in einer Gaskammer getötet. Es sind tausende Morde an dieser Stätte des Naziterrors belegt. Ebenfalls war (und ist) in Görden, wo die Neonazis am Samstag marschierten, ein Zuchthaus angesiedelt, in dem zwischen 1933 und bis zum Kriegsende über 1700 Gegner des Nationalsozialismus ermordet wurden.