HALBE. An der Gegendemo wollen sich zehn mal mehr Menschen beteiligen
als beim Neonaziaufmarsch am Sonnabend im Halbe. “Wir rechnen mit 200
bis 300 Teilnehmern bei der rechten Kundgebung und mit bis zu 3 000 bei
der Gegendemonstration”, sagt Bernd Halle, Chef des Führungsstab des
Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder).
Die Polizei will mit bis zu 1 000 Beamten die getrennte Anfahrt der
Teilnehmer beider Kundgebungen durchsetzten, die Demos klar voneinander
trennen sowie ein Aufeinandertreffen und Ausschreitungen zwischen
“rivalisierenden Gruppen” verhindern. “Alles, was an Polizeikräften
verfügbar ist, wird zusammengezogen”, sagte Halle. Dies sei schwierig.
So beginnt am Mittwoch auf dem Lausitzring das Abschiedsfest der einst
als rechtslastig boykottierten Rockband Böhse Onkelz, zu dem bis Sonntag
140 000 Besucher erwartet werden. Weil auch etliche Stadtfeste
abgesichert werden müssen, wurden Beamte des BGS und der
Bereitschaftspolizei aus anderen Ländern angefordert. “Die Landespolizei
reicht nicht aus”, so Polizeipräsident Klaus Kandt. Doch auch andere
Länder hätten mehrere Großdemos.
In Halbe tobte kurz vor Kriegsende eine blutige Kesselschlacht. Wegen
des größten deutschen Soldatenfriedhofs ist der Ort seit Jahren ein
Wallfahrtsort für Neonazis. Der Hamburger Neonazis-Führer Christian
Worch hat für das so genannte Heldengedenken am Volktrauertag bereits
bis 2020 Demos angemeldet. Im Vorjahr kamen 1 600 Neonazis. Alle
Verbotsversuche scheiterten vor Gericht. Laut Polizei hat für Sonnabend
ein Hamburger in Worchs Auftrag einen Marsch unter dem Motto “Ruhm und
Ehre den deutschen Frontsoldaten und den Opfern kommunistischer
Gewaltherrschaft” angemeldet. “Ihr Ziel ist, möglichst nah am Friedhof
zu demonstrieren”, sagte Kandt. Das habe die Polizei verboten. Dagegen
wollen die Neonazis bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Auch
die Polizei will gerichtliche Klarheit, wie nah am Friedhof Demos
erlaubt werden müssen.
Ein breites lokales Aktionsbündnis hat sich gegen den Aufmarsch
formiert. Auf der Gegendemo wollen gegen 13 Uhr Bundestagspräsident
Wolfgang Thierse und Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD)
reden. Anders als die SPD hatte die CDU nicht zur Teilnahme aufgerufen.
Nun hat die Regierungskoalition ihren Streit um den Umgang mit der
Gegendemo notdürftig beigelegt. Im Koalitionsausschuss einigten sich die
Spitzenpolitiker beider Seiten, zumindest bei dem Neonazi-Aufmarsch zum
Volkstrauertag im November geschlossen aufzutreten. (mit ab.)