Etwa 400 Menschen folgten am Samstag dem Aufruf eines breiten Bündnisses aus linken und bürgerlichen Gruppen und beteiligten sich an einer antifaschistischen Demonstration in Potsdam, nachdem in der Sylvesternacht das Vereinshaus des “Chamäleon e.V.” aus einem Mob von 50 Nazis angegriffen wurden.
Vom Luisenplatz ausgehend, demonstrierten am frühen Samstag Nachmittag etwa 400 Menschen unter dem Motto “Den rechten Vormarsch stoppen — in Potsdam und überall / Für eine emanzipierte Jugendkultur”. Die Demonstration wurde von einem breiten Bündnis organisiert, dem neben dem AStA Potsdam und der PDS auch viele kleinere antifaschistische und antirassistischen Gruppen wie die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, die unabhängigen Linken und die Opferperspektive angehören. Die Demonstration startete gegen 13.30h vom Luisenplatz und bewegte sich über die Charlottenstraße in die Friedrich Ebert Straße um über die Gutenbergstraße zum Vereinshaus in der Hermann Elflein Straße 32 zu gelangen.
Die Demonstration spiegelte die breite des Bündnisses wieder: neben autonomen Antifas, SchülerInnen und Studenten beteiligten sich auch viele Bürgerinnen und Bürger.
Dem voraus ging ein Angriff von Neonazis auf ein linkes Wohn- und Kulturprojekt in Potsdams Innenstadt. Zum Jahreswechsel zerschlugen etwas 50 Faschisten 48 Fensterscheiben des Hauses, im Obergeschoss entfachten sie mit einem gezielten Raketenschuss einen Brand. In dem Moment, in dem sie in das Haus stürmen wollten, kam die Polizei und nahm 6 Personen fest.
Die Polizei hielt sich während der gesamten Demo zurück. Mit Ausnahme einer handvoll Beamten hielten sie sich von der Demonstration fern; selbst auf die üblichen Vorkontrollen wurde verzichtet. Während der Demonstration wurde niemand verhaftet.
Die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär kritisierte in ihrem Redebeitrag die Polizeistatistik rechter Übergriffe im Jahr 2002 in Potsdam und legten dar, dass diese nicht das ganze Ausmaß der rechten Gewalt darstellen. Viele rechte Übergriffe werden nicht als solche gewertet, sondern zählen als unpolitische Gewaltdelikte, was vermuten lässt das die Dunkelziffer weit über den von der Polizei gezählten ca. 40 Fällen liegt. Gegen die wachsende faschistische Bedrohung helfen keine Gesetzesverschärfungen und härtere Strafen, sondern nur eine starke emanzipierte Jugendbewegung die den Faschisten offensiv entgegentritt.
Der AstA Potsdam rief in seiner Rede dazu auf, Rassismus und Faschismus entschieden entgegenzutreten und kritisierte die gesellschaftlichen Umstände aus denen solche Ideologien heraus entstehen und wendete sich gegen den rechten Konsens der Deutschen.
Anschließend berichtete ein Flüchtling darüber wie er im letzten Jahr im Hauptbahnhof von einem Deutschen angegriffen wurde. Unvermittelt schlug dieser ihm ins Gesicht und skandierte “Sieg Heil”. “Talking is over” rief der Redner den Demonstranten zu und diese jubelten.
Folgend verlas ein Vertreter der Opferperspektive eine Redebeitrag in welchem die Folgen solcher Angriffe für die Betroffenen dargestellt wurden. Für die meisten sind sie ein traumatisches Erlebnis dass sehr schwer zu verarbeiten ist; oft quält die Opfer noch Monate nach den Übergriff die Angst erneut Opfer zu werden.
Resümierend sei gesagt dass die Demonstration als Erfolg gewertet werden kann; viele Mensche machten klar dass sie nicht gewillt sind den Terror der Faschisten stillschweigend hinzunehmen.
Bleibt zu hoffen, dass diesen Worten Taten folgen, und sie nicht nur ohnmächtigen Lippenbekenntnisse bleiben.
Potsdamer demonstrieren für “Chamäleon”
Ein weiterer Bericht, gefunden auf Indymedia
Demonstration am 11. Januar in Potsdam anlässlich des Anschlages auf das Haus des linken Jugendkulturvereins Chmäleon e.V. in der Sivesternacht
Etwa 350 Menschen demonstrierten am 11. Jauar 2003 (Samstag) unter dem Motto «Den rechten Vormarsch stoppen — in Potsdam und überall. Für eine emanzipierte Jugendkultur» in der Brandenburgischen Landeshauptstadt demonstriert. Sie forderten von Politik und Gesellschaft, Ansätze Alternativen Lebens zu stärken und damit ein wirksames Zeichen gegen latenten Rechtsextremismus und Intoleranz zu setzen. Weiterhin setzten sich die Demonstranten für ein dauerhaftes Bleiberecht für Opfer rassistischer Gewalt ein.
Anlass zu dieser Demonstration war der Überfall von 60 Neonazis auf das Jugendkulturzentrum “Chamäleon” in der Potsdamer Innenstadt. Dieser hatte in der Nacht von Silvester auf Neujahr erheblichen Sachschaden verursacht. Nur (spätes) Eintreffen der herbeigerufenen Polizei konnte ein Angriff auf die Nutzerinnen und Nutzer verhindert werden. Sechs Neonazis wurden festgenommen.
Die Stadt Potsdam hat nach Angaben des Vereins Opferperspektive mit insgesamt 13 Angriffen auf Ausländer die traurige Spitzenposition im Land Brandenburg übernommen. Aber auch linke Jugendliche wie Punks, Skater seien Ziel rechter Angreifer geworden.
An der Demonstration nahmen Vertreter aus Stadt- und Landespolitik (größtenteis PDS, etwa der Potsdamer Oberbürgermeisterkandidat Hans-Jürgen Scharfenberg und PDS-Landeschef Raölf Christoffers) teil. Fünfzehn Initiativen, Organisationen, Intitutionen und Verbände hatten zu der Aktion aufgerufen.
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