(ddp-lbg). Hunderte Menschen haben am Samstag in Potsdam ein dauerhaftes Bleiberecht für Opfer rassistischer Gewalt gefordert. Dieses würde es rechten Schlägern schwerer machen, Ausländer aus dem Land zu «vertreiben», sagte Kay Wendel vom Verein Opferperspektive auf einer Kundgebung gegen den Neonazi-Überfall auf den Potsdamer Jugendclub Chamäleon in der Silvesternacht. Er fügte hinzu, Brandenburgs Landeshauptstadt halte 2002 mit insgesamt 13 Angriffen auf Ausländer die traurige Spitzenposition im Land. Auch linke Jugendliche seien Ziel rechter Angreifer geworden. Nach Angaben der Veranstalter nahmen knapp 350 Menschen an der Demonstration mit anschließender Kundgebung teil, die Polizei sprach von 250 bis 300 Protestierenden.
Die Demonstration stand unter dem Motto «Den rechten Vormarsch stoppen — in Potsdam und überall. Für eine emanzipierte Jugendkultur». Zahlreiche linke Gruppen hatten zu der Aktion aufgerufen. Zu größeren Ausschreitungen kam es nach Polizeiangaben nicht. Bei einem Geschäft ging eine Scheibe zu Bruch, drei Personen wurden vorläufig festgenommen.
Laut Wendel haben sich einige Stadtteile wie Stern, Drewitz und Schlaatz zu «Zonen der Angst» entwickelt, wenngleich es in allen Gegenden Potsdams zu gewalttätigen Übergriffen gekommen sei. Gewalt sei nur «ein Teil des alltäglichen Rassismus», dem sich Ausländer in Potsdam fast täglich ausgesetzt sähen, sagte er.
Eine Gruppe von jungen Neonazis hatte in der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar das Haus des Jugend- und Kulturvereins Chamäleon in Potsdam überfallen. Nach Polizeiangaben warfen die Angreifer Feuerwerkskörper auf das Haus und feuerten Schüsse aus einem Schreckschuss-Trommelrevolver ab. Außerdem wurden Fensterläden aufgebrochen und die Scheiben mit Kisten und Mülleimereinsätzen eingeschlagen. Die Einsatzkräfte nahmen sechs Personen im Alter von 17 bis 30 Jahren wegen Landfriedensbruchs fest. Zuvor war es im Potsdamer Stadtzentrum beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern zwischen rund 15 Neonazis und zehn linksorientierten Jugendlichen zu Streitigkeiten gekommen. Dabei wurde mehrfach «Sieg-Heil» gegrölt.