Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
wir sind hier heute wieder einmal zusammengekommen, um wieder mal ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Wieder gelang es rechtsextremen Neandertalern einen Angriff gegen Andersdenkende zu starten. In der Silvesternacht zerschlugen mehrere Neofaschisten die Scheiben der Hermann-Elflein-Straße 32 und beschossen die Bewohner und Vereinsmitglieder des Chamäleon e.V. mit Feuerwerkskörpern. Unterstützt von einem tosenden deutschen Mob und schweigenden Zeugen in den Häusern drumherum rückten sie Potsdam wieder ins rechte Licht.
Es wurde wieder viel geredet. Die Lokalpresse stürzte sich auf den Überfall, dokumentierte und rief zum Spenden auf. Das war’s. Keine Solidaritätsbekundung von den Stadtoberen, kein großes bürgerliches Bündnis, wie wir es aus Potsdam schon kennen. In den letzten Monaten wurde Potsdam dreimal von Aufmärschen von NPD und Freien Kameradschaften heimgesucht. Dreimal gab es große Bündnisse von den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen gegen diese Aufmärsche.
Bereits in den Gesprächen mit dem Oberbürgermeister warnte der AStA der Universität Potsdam vor den berüchtigten Potsdamer Lippenbekenntnissen. Auf den Veranstaltungen gegen die Nazi-Aufmärsche konnte jeder und jede schnell erkennen, dass diese Worte ungehört blieben. Große Reden wurden geschwungen, der Wille wurde bekundet. Danach besann mensch sich wieder auf seine gute, alte preußische Identität und grub Löcher in den Alten Markt.
Für uns als Studierende in der Stadt Potsdam heißt „Potsdam bekennt Farbe“ mehr als nur bekennen. Es ist Zeit zu handeln – und das nicht erst seit der vergangenen Silvesternacht. Das einzige wirksame Mittel gegen die braune Invasion ist eine emanzipierte, linke Jugendkultur. Diese zu fördern und zu unterstützen, ist die einzige Möglichkeit, um die deutsche Mitte und deren vermeintliche Vollstrecker zu stoppen.
In Potsdam mehren sich Übergriffe solcher Art. Tagtäglich müssen Andersdenkende und MigrantInnen solche Angriffe fürchten. Bereits im Juli 2002 erreichte die Zahl rechtsgerichteter Straftaten das Niveau des gesamten Vorjahres. In der Stadtpolitik müht mensch sich um Schadensbegrenzung. Alles für Potsdams Wirtschaftskraft Schlechte wird kleingehalten und verschwiegen, Opferstatistiken werden neu definiert und revidiert. Unsere Solidarität gilt den Opfern solcher Übergriffe.
Diese Übergriffe und die fehlenden Reaktionen sind nichts Neues in diesem Land. Vielmehr zeugen sie von einer völkisch-nationalen Kontinuität der deutschen Geschichte. Entweder wird alles verschwiegen oder geleugnet oder mensch besinnt sich auf das alte Sprichwort „Wir sind das doch nicht schuld“. Aus der mangelnden Reflektion des Geschehenen und die nicht existente Fähigkeit aus der Geschichte zu lernen, wird die preußische Autorität gefeiert, ihr Niedergang in der Nacht von Potsdam mit Tränen begossen und ihr Wiederaufbau vorangetrieben. Nicht erst seit Auschwitz sind Deutsche die Täter – auch die Preußen sind keine Opfer.
Deshalb:
Talking is over – action is on!
Kampf den deutschen Verhältnissen!
Für eine emanzipierte linke Jugendkultur!