50 Demonstranten forderten Freilassung Julias
(Ralf Fischer, Neues Deustchland) Was das für eine trostlose Gegend hier sei, war die erste Frage eines jugendlichen Demonstranten, als er den Ort seines Protests erreichte. Mitten im Grünen steht das Ziel, ein grauer Gebäudekomplex, mit hohen Mauern gesichert, die Jugendvollzugsanstalt im Luckauer Ortsteil Duben.
Seit nunmehr sieben Wochen sitzt hier eine Frau in Untersuchungshaft, die mit vier anderen Potsdamern des versuchten Mordes an einem Rechtsextremen beschuldigt wird. Alle Beschwerden gegen die Haft führten bisher zu nichts. Über 50 zumeist junge Antifaschisten bekundeten am Sonnabendnachmittag vor dem Gefängnis ihre Solidarität mit Julia S. Sie forderten die sofortige Freilassung der 21-Jährigen.
Julia S. und mindestens vier weiteren Tatverdächtigen wirft die Staatsanwaltschaft Potsdam vor, in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni einen wegen rechter Taten polizeibekannten 16-Jährigen mit einem Totschläger niedergeschlagen zu haben (ND berichtete).
Die Lautsprecheranlage dröhnte in Richtung Gefängnis, es erklang das Lied »Nicht Allein« von der Gruppe »Die Ärzte«. Julia S. saß derweil im Aufenthaltsraum, dem Raum der am nächsten zu der Kundgebung liegt, und konnte zuhören. Die Musik von draußen wechselte sich mit Sprechchören ab, auch wurden häufig Grußadressen von Freundinnen und Organisatoren verlesen. So richtig lautstark wurde die Demonstration aber erst, als ein klares Signal von Julia aus dem Gefängnis ertönte. Durch Pfiffe machte sie sich im Aufenthaltsraum bemerkbar. Die Menge reagierte mit Jubel, Pfeifen und Sprechchören. In kämpferisch vorgetragenen Reden forderten einzelne dazu auf, der durch die CDU betriebenen Stigmatisierung des Jugendvereins Chamäleon, dem Julia S. angehört, entgegenzutreten und sich mehr mit der verstärkten Repression gegen die antifaschistische Linke zu beschäftigen. Einhellig forderten die Demonstranten, dass die »Beugehaft« beendet wird. Julia S. mache nur von dem ihr zustehenden Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Von Marschmusik begleitet löste sich die Kundgebung dann geordnet auf. Ein bereitstehender Bus brachte den Großteil der Teilnehmer zurück nach Potsdam.
Am nächsten Wochenende sind die Protestierer wieder unterwegs. Dann fahren sie mit dem Bus nach Wunsiedel, wo tausende Alt- und Neonazis aufmarschieren wollen.