(R. N., MAZ) MITTE Der Saal des ehemaligen NS-Erbgesundheitsgerichts, das sich von 1940 bis 1945 in der Lindenstraße 54 befand, soll im nächsten Jahr wieder in den Originalzustand versetzt werden. Dafür müssen Wände rückgebaut werden, was den Umzug des städtische Denkmalpflegeamtes innerhalb des Hauses nach sich ziehen würde, sagte Claus Peter Ladner, Chef der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54. Laut Ladner habe Oberbürgermeister Jann Jakobs für das Projekt bereits Unterstützung signalisiert. Dann wäre innerhalb der wechselvollen Geschichte des Gebäudes auch die Nazi-Zeit thematisiert.
Unterdessen gedachten am Sonnabend Vertreter aus Politik und Verwaltung des 44. Jahrestags des Mauerbaus. Die Stadtfraktionsvorsitzenden Mike Schubert (SPD) und Götz Friederich (CDU) legten im Innenhof an Wieland Försters Statue “Das Opfer” Kränze nieder. Unter den Anwesenden waren auch Kulturdezernentin Gabriele Fischer, SPD-Landtagsabgeordnete Klara Geywitz, ihr Parteikollege und Bundestagsspitzenkandidat Steffen Reiche sowie ehemalige Häftlinge wie Peter Runge. Ein halbes Jahr saß er 1946 im Untersuchungsgefängnis des sowjetischen Geheimdienstes NKWD ein. Aus Protest gegen die Vereinigung von KPD und SPD habe sich der damals 16-Jährige am 1. Mai keine rote, sondern eine weiße Nelke angesteckt. Mittlerweile erträgt Runge die Anwesenheit im “Lindenhotel”, beim ersten Besuch 1990 “habe ich es hier kaum ausgehalten”. Karl Alich saß dort 1971 für drei Monate wegen versuchter “Republikflucht”. Mehr als drei Jahrzehnte später musste der Berliner Rechtsanwalt mit Bauunterlagen ins Denkmalpflegeamt — in den Raum, in dem er ehedem verhört wurde: “Ich dachte, ich bin im falschen Film.”
Gelungene und missglückte Fluchtversuche im ehemaligen Bezirk Potsdam stehen in Hannelore Strehlows im Frühjahr erschienenen Buch “Der gefährliche Weg in die Freiheit” im Mittelpunkt. Ladner las während der Gedenkveranstaltung aus der ergreifenden Geschichte des Hans-Jürgen Starrost, der in der Nacht vom 13. zum 14. April 1981 in Teltow-Sigridshorst den Grenzübertritt wagte. Bei der Festnahme erlitt Starrost einen Bauchschuss und erlag Wochen später seinen schweren Verletzungen.