Vor einem Jahr gingen Brandenburger Bürger erstmals gegen die Agenda 2010 auf die Straße. Heute um 18 Uhr startet die 49. Montagsdemo zum Neustädtischen Markt. Protest-Initiator Dieter Hamann (54) zieht im Gespräch mit Henning Heine ein Resümee.
Wie lautet das Fazit nach einem Jahr Montagsdemo?
Hamann: Es hat sich eine stabile Gruppe von 40, 50 Protestierern gefunden. Sie sind ausdauernd. Wir kennen uns alle, reden auch über private Probleme miteinander.
Hartz IV gibt es immer noch. Haben Sie verloren?
Hamann: Es stimmt, unsere Forderung “Weg mit Hartz IV” haben wir nicht durchgesetzt. Aber wir versetzen SPD und Kanzler Schröder weiterhin Nadelstiche — überall im Land. Das politische Klima hat sich gegen die Sozialdemokraten gewendet.
Aber zu welchem Preis? Aller Voraussicht nach wird ab Herbst die Union regieren.
Hamann: Für uns kann ein Regierungswechsel sogar gut sein. Mit der Union an der Macht werden sich die Widersprüche in der Gesellschaft zuspitzen. Vielleicht wachen die Leute dann auf.
Vor der Landtagswahl 2004 kamen mehrere Hundert Demonstranten. Was sagen Sie zur gegenwärtig geringen Resonanz?
Hamann: Klar bin ich enttäuscht. Ich hatte auf einen Anstieg gehofft. Wir haben 7000 bis 8000 Arbeitslose in der Stadt. Wenn die Leute erst ihre Hartz-Bescheide in der Hand halten, dachte ich, dann werden sie auch protestieren. Aber wir kriegen sie nicht auf die Straße.
Woran liegt das?
Hamann: Es mangelt vielen Arbeitslosen an Selbstbewusstsein. Sie haben resigniert. Jugendliche sind häufig gar nicht ansprechbar. Etlichen Leuten ohne Job geht es vielleicht auch immer noch zu gut, solange sie Stütze kriegen oder der Partner genug verdient.
Sie machen dennoch weiter?
Hamann: Auf jeden Fall. Wir werfen noch lange nicht das Handtuch.