Szene zahlenmäßig stabil / Aktionsbündnis tagte in Potsdam
POTSDAM — Die rechtsextreme Szene in Brandenburg bleibt trotz hoher
Fluktuation zahlenmäßig stabil. Es seien derzeit keine
Auszehrungserscheinungen erkennbar, erläuterte Innenminister Jörg Schönbohm
(CDU) in einem von der Landesregierung vorgelegten Bericht. Die Bekämpfung
des Rechtsextremismus habe für die Polizei Vorrang.
Der gewaltbereite Kern umfasst Schönbohm zufolge rund 580 Mitglieder.
Hauptproblem am Rechtsextremismus in Brandenburg sei eine Kombination aus
Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft. Die meisten politisch
motivierten Gewalttaten würden von Personen begangen, die keiner
Organisation abgehören, sondern Jugendcliquen. Der Einstieg in die
rechtsextreme Jugendszene erfolge zumeist über Skinheadmusik mit ihren
häufig nationalistischen, rassistischen und menschenverachtenden Texten.
Musik, Alkoholmissbrauch und Gruppendynamik verbänden sich zu einer
hochexplosiven Mixtur. Diese entlade sich immer wieder in spontanen
Gewalttaten, bei denen vor allem Personen, die den Feindbildern der Szene
entsprächen, getroffen würden. Das seien Fremde, Linke oder Obdachlose.
Auch nach Ansicht der Ausländerbeauftragten Almuth Berger ist der
Rechtsextremismus weiter ein gravierendes Problem. Es gehe um die
Auseinandersetzung mit einer menschenverachtenden Ideologie, betonte Berger
am Sonnabend in Potsdam bei einer Tagung des Aktionsbündnisses gegen Gewalt,
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, dessen Vizechefin sie ist. Mit
Blick auf die Kommunalwahlen am 26. Oktober verlangte Berger, den am
Wahlkampf beteiligten rechtsextremen Parteien entgegenzutreten. Bei dem
Potsdamer Treffen berichteten Mitglieder des Aktionsbündnisses, Vertreter
von Kommunen und lokalen Initiativen sowie Mitarbeiter von Polizei und
Verfassungsschutz über ihre Erfahrungen mit dem Rechtsextremismus.
Gabi Moser von der Eberswalder Plattform gegen rechts regte an, ein
kommunales Handlungskonzept für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit
festzuschreiben, um den rechtsextremen Parteien im Wahlkampf gezielt Paroli
bieten zu können.
Schönbohm: Rechtsextremistische Organisationen geschwächt
(MOZ) Potsdam (ddp-lbg). In Brandenburg ist es nach Darstellung von Innenminister
Jörg Schönbohm (CDU) gelungen, die rechtsextremistischen Organisationen zu
schwächen. «Der organisierte Rechtsextremismus befindet sich im Niedergang,»
sagte der Minister auf eine parlamentarische Anfrage. Nicht zuletzt an
sinkenden Mitgliederzahlen lasse sich diese Entwicklung ablesen. Die drei
rechtsextremistischen Parteien NPD, DVU und die Republikaner hätten
«allesamt Rückgänge hinnehmen müssen».
Es sei zu beobachten, dass sich die unter Verfolgungsdruck gesetzten
Rechtsextremen stärker abzuschotten versuchen und ihre Treffs zunehmend in
den privaten Bereich verlagern. Dieser Verdrängungseffekt sei für den Bürger
positiv zu bewerten, da rechtsextremistische Gesinnung «nicht mehr in dem
Maße öffentlich zur Schau gestellt wird».
Trotz erheblichen Verfolgungsdrucks ist das Kernproblem des
Rechtsextremismus in Brandenburg nach Auffassung des Ministers jedoch nicht
gelöst. Dabei handle es sich um eine «Kombination aus Fremdenfeindlichkeit
und jugendlicher Gewaltbereitschaft».
Die meisten politisch motivierten Gewalttaten würden von Jugendlichen
begangen, die «keiner Organisation sondern gewaltbereiten Jugendcliquen
angehören.» Solche in der Subkultur der Skinheads heimischen Cliquen gebe es
in zahlreichen Orten Brandenburgs. «Diese Szene zeigt trotz hoher
Fluktuation keine Auszehrungserscheinungen.»
Gravierendes Problem
Rechtsextremismus bleibt in Brandenburg virulent — Mitgliederzahlen bei NPD, DVU und Republikanern sinken
(MOZ) Potsdam (ddp-lbg). Zum Kommunalwahlkampf 2003 muss Brandenburg nach Meinung
von Experten mit vermehrten Aktivitäten von Rechtsextremisten rechnen. Auf
einer Tagung des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit am Samstag gingen sie von einer Teilnahme der NPD am
Urnengang im Oktober aus. Deren Kandidaten könnten nach Angaben von
Verfassungsschützern versuchen, die Öffentlichkeit mittels Diskussionsrunden
und Demonstrationen zu erreichen. Nach Darstellung von Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) ist es jedoch gelungen, die rechtsextremistischen
Organisationen zu schwächen. NPD, DVU und die Republikaner hätten bei den
Mitgliederzahlen «allesamt Rückgänge hinnehmen müssen».
Die stellvertretende Bündnis-Vorsitzende und Ausländerbeauftragte
Brandenburgs, Almuth Berger, rief dazu auf, sich mit dem Rechtsextremismus
weiterhin «politisch und zivilgesellschaftlich» auseinander zusetzen. Die
NPD hat derzeit drei Sitze in kommunalen Vertretungen. Laut Berger wollte
die Partei durch ihren Auftritt bei der Antikriegsdemonstration vor Wochen
in Fürstenwalde die «Stigmatisierung und Ausgrenzung» in der Bevölkerung
aufweichen. Eine solche Strategie sei eine «neue Herausforderung» für
Brandenburg. Auf Vorschlag der Fürstenwalder «Plattform gegen Rechts» soll
der örtlichen NPD im Wahlkampf durch ein Kommunales Handlungskonzept für
Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit Paroli geboten werden.
Nach den Worten des Geschäftsführers der Regionalen Arbeitsstelle für
Ausländerfragen (RAA), Alfred Roos, sorgen zahlreiche Aktionsbündnisse und
eine verbesserte Jugendarbeit inzwischen dafür, dass die Probleme mit dem
Rechtsextremismus in Brandenburg nicht mehr «unter den Tisch» gekehrt
werden.
Michael Hüllen vom Brandenburger Verfassungsschutz trat Befürchtungen
entgegen, die NPD profitiere von dem im März 2003 gescheiterten
Verbotsverfahren. Die Partei bleibe jedoch «gefährlich und
beobachtungswert». Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit in Brandenburg stehe neben
dem «Kampf um die Parlamente» der «Kampf um die Straße». Davon zeugten die
zahlreichen Demonstrationen etwa in den Landkreisen Prignitz und
Ostprignitz-Ruppin. Im Zuge des Kommunalwahlkampfes könnten solche
Aktivitäten zunehmen.
Laut Hüllen hat sich aus der neonazistischen Kameradschaftsszene
Brandenburgs der «Märkische Heimatschutz» (MHS) gebildet. Der Verbund von
«Nationalisten» wolle bei den Kreis- und Gemeindewahlen im Barnim und in der
Uckermark kandidieren. Hüllen gab die Anzahl von Neonazis in der Mark mit
etwa 200 Personen an. Die Szene stagniere zahlenmäßig. Dem Spektrum der
subkulturell geprägten gewaltbereiten Jugendszene rechnet Hüllen etwa 580
Personen zu. Diese Zahl liege über dem Bundesdurchschnitt. Neu ist nach den
Worten Hüllens, dass sich Skinheads mit Rockern und Hooligans zusammentun.
Auch Schönbohm betonte, das Kernproblem des Rechtsextremismus in der Mark
sei noch nicht gelöst. Dabei handle es sich um eine «Kombination aus
Fremdenfeindlichkeit und jugendlicher Gewaltbereitschaft». Die meisten
politisch motivierten Gewalttaten würden von Jugendlichen begangen, die
«keiner Organisation, sondern gewaltbereiten Jugendcliquen angehören.»