GOLLWITZ. Bundesweit bekannt wurde das Örtchen Gollwitz, als es sich 1997
weigerte, 50 jüdische Einwanderer aufzunehmen. Der Landkreis
Potsdam-Mittelmark wollte die Russlanddeutschen im Herrenhaus der Gemeinde
unterbringen. Der mit fremdenfeindlichen Parolen gespickte Protest hatte
Erfolg: Die Kreisverwaltung zog damals ihre Pläne zurück. Trotzdem werden
Menschen jüdischen Glaubens in Zukunft zum Bild des Dorfes gehören: Das
vergammelte Herrenhaus wird als Konsequenz aus dem Konflikt gegenwärtig zu
einer Begegnungsstätte für Juden und Nicht-Juden ausgebaut.
“Unser Ziel ist es, 2004 mit den Bauarbeiten fertig zu sein”, sagte Peter
Andreas Brand. Der Berliner Rechtsanwalt ist Vorsitzender der Stiftung
“Schloss Gollwitz”, die den Ausbau des Herrenhauses betreibt. Diesem Ziel
ist die Stiftung jetzt ein deutlichen Stück näher gekommen: durch eine
Großspende der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und der Ostdeutschen
Sparkassenstiftung, die durch einen Zuschuss der Deutschen Stiftung
Denkmalschutz noch verdoppelt wurde.
Berufsschüler helfen
Mit dem Geld, über dessen Höhe Stillschweigen vereinbart wurde, können nun
das Dach geflickt, die Fenster restauriert und das vom Schwamm befallene
Holz entfernt werden. Insgesamt wird es etwa zwei Millionen Euro kosten, das
Herrenhaus zur Begegnungsstätte umzubauen, sagte Brand. “Die Fertigstellung
hängt auch davon ab, wie schnell wir das nötige Geld beisammen haben”, sagte
Brand. Doch die Stiftung erfährt nicht nur finanzielle Unterstützung: Die
Freiwillige Feuerwehr des Ortes half im Herbst, das
Regen-Entwässerungssystem freizuspülen. Demnächst rücken Berliner
Berufsschüler an, um das Haus zu entrümpeln.
Auch wenn das Herrenhaus noch lange nicht fertig ist, treffen sich in dem
Dorf bei Brandenburg/Havel schon jetzt auf Einladung der Stiftung Juden und
Nicht-Juden, sagte der einstige DDR-Bürgerrechtler und
Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Konrad Weiß. Anfang September wird
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) mit Jugendlichen jüdischen und
nichtjüdischen Glaubens diskutieren. Gleiches hatte zuvor schon
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) getan, der die Schirmherrschaft
für die Begegnungsstätte übernommen hat. “Begegnung hilft, sich später nicht
gegenseitig die Köpfe einzuschlagen”, sagte Weiß. Die ersten Veranstaltungen
seien “sehr ermutigend” gewesen.
Im Schloss sollen einmal Gruppen von Jugendlichen jüdischen und
nicht-jüdischen Glaubens jeweils eine Woche verbringen, miteinander
diskutieren — aber auch zusammen Fußball spielen. Das Haus soll einmal
Übernachtungsmöglichkeiten für gut zwei Dutzend Jungen und Mädchen bieten.
Die Gollwitzer sehen den Baufortschritt am Schloss mit Freude. Andreas
Heldt, der vor der Eingemeindung des Ortes Bürgermeister war, habe sich in
einem Brief an die Stiftung namens der Gemeinde bedankt, sagte Peter Macke -
der Präsident des Brandenburger Verfassungsgerichtes ist Vorsitzender des
Beirats der Stiftung “Begegnungsstätte Gollwitz”. Heldt stand 1997 besonders
in der Kritik, weil er vom Zentralrat der Juden eine Entschuldigung
gefordert hatte, nachdem dieser den Gollwitzern Antisemitismus vorgeworfen
hatte. Der Leserbrief, in dem Heldt diese Forderung erhob, war damals in
rechtsradikalen Blättern nachgedruckt worden.
Wer den Schloss-Umbau unterstützen will, kann sich an die Deutsche Stiftung
Denkmalschutz (Tel. 0228/95 73 80) wenden.