Henriette, du arbeitest ehrenamtlich im Landesjugendring Brandenburg. Ihr wollt, dass der Landtag für seinen nächsten Doppelhaushalt die Ausgaben für Jugendliche von 9,1 Millionen Euro auf 15,7 Millionen Euro pro Jahr anhebt. Größenwahnsinn?
Im Gegenteil. 1999 standen Kindern und Jugendlichen im Brandenburger Landesjugendplan noch knapp 14 Millionen Euro zur Verfügung. Der wurde nun aber immer wieder gekürzt. Wir finden, dass dies aufhören muss. Denn die Jugendarbeit in Brandenburg ist wesentlich schwieriger geworden, weil immer mehr Aufgaben – etwa auch innerhalb der Schule – übernommen werden mussten.
Was ist so schlimm daran, wenn es weniger Geld für solche Dinge gibt? Schließlich gibt es in Brandenburg auch immer weniger Jugendliche…
Trotzdem müssen aber Angebote für Jugendliche aufrechterhalten werden, weil sie sonst sehr weit fahren müssten, um in ihrer Freizeit überhaupt einen öffentlichen Treffpunkt zu finden. Schließen wir auf dem flachen Land die Jugendclubs, fangen dann bald Rechtsextreme die Jugendarbeit dort an: Das lässt sich schon jetzt beobachten. Außerdem könnten mit mehr Geld auch mehr bezahlbare Angebote wie Sommercamps für Jugendliche geschaffen werden. Die Fahrten unserer Evangelischen Jugend in Potsdam könnten beispielsweise billiger werden.
Ihr habt für euer Ziel eine Kampagne unter dem Namen „9,70 Euro für Julia und Dennis“ entworfen. Wie kommt ihr auf die 9,70 Euro?
Das ist das Geld, was die Politiker pro Kind und Jugendlichen aus Brandenburg mehr ausgeben müssten, wenn sie die 15,7 Millionen Euro für den Landesjugendplan beschließen sollten. Diese Summe sollte ihnen es Wert sein, wenn wir so oft als die Zukunft des Landes beschworen werden.
Was passiert dann mit dem Geld?
Es wird zum Beispiel in Jugendclubs gesteckt, damit die Mitarbeiter dort nicht nur in befristeten Einzelprojekten für kurze Zeit bleiben, sondern langfristige pädagogische Arbeit machen können. Ebenso benötigen wir wieder landesweite Koordinierungsstellen, um Angebote wie die Gedenkstättenarbeit oder den €päischen Freiwilligendienst wieder verbessern zu können. Durch die Kürzungen in den vergangenen Jahren haben viele Bereiche gelitten. Zum Teil können Vereine für Jugendarbeit zurzeit bestimmte Projekte gar nicht mehr finanzieren.
Was wollt ihr neben der Kampagne tun, dass euch die Politiker zuhören?
Der Haushalt wird im Grundsatz im November beschlossen, im September ist die erste Anhörung. Bis dahin planen wir zurzeit noch einige Aktionen, allerdings ist da noch nichts spruchreif.
Als wir uns zum Gespräch hier getroffen haben, kam eine Bekannte von dir vorbei. Als du gesagt hast, um was es in dem Interview geht, schien sie es nicht wirklich zu verstehen. Sind solche Erfahrungen demotivierend, zumal du für dein Engagement im Landesjugendring kein Geld bekommst?!
Nein. Man muss sich eben ins Zeug legen. Mit meiner Arbeit kann ich für mich nämlich das Gefühl erleben, erstens ernst genommen zu werden und zweitens politisch im besten Fall etwas zu bewegen. Es gibt auch andere Jugendliche, die so denken – aber es sind leider trotzdem nur wenige. Doch mir persönlich macht es dennoch viel Spaß.
Könntest du dir vor diesem Hintergrund auch vorstellen, dich statt im Landesjugendring in einer Partei zu engagieren?
Nein. Denn da müsste ich mich ja mit meiner Meinung einer Parteiauffassung anschließen, um so in der Hierarchie nach oben zu klettern und etwas zu bewegen. Das ist mir zu starr und würde mich einschränken.
Das Gespräch führte Henri Kramer.
Henriette Labsch ist 22 Jahre alt und studiert Physik an der Universität Potsdam. Sie engagiert sich seit 2004 im Landesjugendring. Und sie ist Fan der Punk-Band „Die Ärzte“.