Unter dem Motto „Für ein buntes Nauen“ haben am vergangenen Freitag mehrere hundert Menschen einer Aktion der NPD ins Abseits gestellt. Dabei wurde durch ein von Vertreter_innen des Mikado e.V. und des Humanistischen Freidenkerdenkerbund Havelland organisiertes „Toleranzfest“ eine alljährlich zum 20. April stattfindende Kundgebung von (Neo)nazis aus der Innenstadt verbannt.
Toleranzfest gegen (Neo)nazis
Um der NPD in Nauen erst gar nicht die Möglichkeit zur Entfaltung ihrer revisionistisch, völkisch, rassistisch und antisemitisch geprägten Programmatik zu geben wurde das „Fest der Toleranz“ bereits ab 11 Uhr anberaumt und wichtige Plätze des öffentlichen Lebens in die Veranstaltung miteinbezogen. Wichtig war den Organisatoren auch die politische Aussage der Versammlung, demnach das überwiegend als „Familienfest“ konzipierte „Fest der Toleranz“ explizit auch als „politische Kundgebung“ angemeldet wurde. Eine „demokratische, freie und tolerante Stadt Nauen, für Fröhlichkeit und kulturelle Vielfalt, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“ sei dabei das Ziel der Organisator_innen gewesen. Zudem sollte der NPD nicht die alleinige Deutung über die Geschichte überlassen werden. Das „Fest der Toleranz“ begann darum bereits am Vormittag mit einer Geschichtswerkstatt und einem Zeitzeugengespräch, welches von ungefähr 50 Menschen frequentiert wurde. Am Nachmittag setzte sich das „Toleranzfest“ dann im Bereich Marktecke – Gartenstraße – Lindenplatz, also genau der Bereich in dem die NPD sonst aufmarschiert, mit Bühnenprogramm und einem „internationalen Suppenfest“ fort. Anschließend gaben noch bis fast 21 Uhr mehrere Musikgruppen ihr Können zum Besten. Insgesamt, so ein aufmerksamer Beobachter der Veranstaltung, haben bis zu 800 Menschen, über den gesamten Tag verteilt, das „Fest der Toleranz“ frequentiert – ein Erfolg für Nauen. Zu nennenswerten Störfällen durch (Neo)nazis kam es übrigens auch nicht. Allerdings war es schon ein bisschen merkwürdig mit anzusehen, dass ein „Fest der Toleranz“ von einem zwielichtigen Sicherheitsdienst „bewacht“ wird
(Neo)nazis im Abseits
Während das „Toleranzfest“ vergangenen Freitag ganz im Mittelpunkt des Nauener Stadtgeschehens stand, musste sich die NPD und ihre Sympathisant_innen hingegen mit weniger Aufmerksamkeit zufrieden geben als vermutlich erwartet. Deren Versammlung wurde nämlich außerhalb der Innenstadt, in der Nähe des Friedhofs, am Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges platziert. Dort hielten die ungefähr 40 anwesenden (Neo)nazis aus den Stadt- und Landkreisen Brandenburg an der Havel, Havelland und Ostprignitz-Ruppin dann, in der Zeit von 19.00 bis 20.30 Uhr, und unter Schirmherrschaft der NPD Funktionäre Maik Schneider, Nauener Stadtverordneter und havelländischer Kreistagsabgeordneter, Dieter Brose, Landespressesprecher und havelländischer Kreistagsabgeordneter, Franz Poppendieck, Brandenburger Ortsbereichsleiter, sowie Dave Trick, Neuruppiner Ortsbereichsleiter, ihre Kundgebung ab. Diese bestand allerdings bloß aus dem Zeigen von Fahnen und Bannern sowie dem Abspielen einer nur schwer zu verstehenden Tonbandansage. Das Verwenden von Fackeln wurde hingegen u.a. mit dem Hinweis auf den „zufällig“ auf den gleichen Tag fallenden Geburtstag des NS Verbrechers Adolf Hitler polizeilich untersagt. Derart „in die Ecke gedrängt“, zwischen Bäumen und Sträuchern, ohne mystische Untermalung im Fackelschein, war an eine nach außen getragene Propagandawirkung der Veranstaltung natürlich nicht mehr zu denken. Zu dem sorgte eine spontan angemeldete antifaschistische Versammlung von ungefähr 20 überwiegend jugendlichen Teilnehmer_innen dafür, dass den (Neo)nazis auch auf dem ihnen zugewiesenen Ausweichgelände keine Meinungshoheit oblag. Lautstark und mit mehreren Transparenten wurde der NPD und ihren Sympathisant_innen dargelegt, dass auch in Nauen kein Platz für sie sei.
NPD Agitation: Bombenangriff und Demokratiefrage
Anlass der NPD Veranstaltung in Nauen soll übrigens das Gedenken an die „Opfer der Bombardierung vom 20.04.1945“ gewesen sein. In einem vorab eigens für die Versammlung verbreiteten gemeinsamen Flugblatt des NPD Kreisverband Havel Nuthe und der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ ist tatsächlich allerdings recht wenig über den Bombenangriff, dessen Ziel damals der Nauener Bahnhof, als wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der Schlacht um Berlin, in der Endphase des von den Nationalsozialist_innen ausgelösten zweiten Weltkrieges war, zu lesen. Stattdessen wird sich in der als „Bürgerinformation“ überschriebenen Flugschrift hauptsächlich über das „Toleranzfest“ echauffiert und gegen die Demokratie gewettert.
NPD Gedenken auch in Rathenow
Auch in Rathenow versuchte die NPD in der vergangene Woche einmal mehr einen Bombenangriff während zweiten Weltkrieges politisch zu instrumentalisieren. Seit 2007 legen hier lokale Parteifunktionäre oder Sympathisant_innen diesbezüglich Kränze nieder. In Bekennerschreiben im Internet werden diese Aktionen dann als imposante Veranstaltungen verkauft, deren Propagandawirkung sich dann auch erst dadurch voll entfaltet. Während die eigentliche Versammlung, an der sich u.a. die NPD Funktionär_innen, Sabrina Burchardt, Rathenower Ortsbereichsleiterin, Benjamin Kuhirt, Rathenower Stadtvorstand, und Dieter Brose beteiligten, insgesamt, inkl. Kranzniederlegung und Schweigeminute, kaum mehr als fünf Minute andauerte und so nur wenige Worte darüber zu verlieren wären, nutzt der „Pressesprecher“ die Angelegenheit später um sein wirres Geschichtsbild zu präsentieren und gegen Feindbilder zu sticheln.
Pressefotos:
http://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157629862134369/