ZIEGENHALS. Die umstrittene Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals südöstlich
von Berlin steht vor dem Aus. Der zuständige Landkreis Dahme-Spreewald hat
dem Grundstückseigentümer nun eine Abrissgenehmigung für das Gebäude der
Gedenkstätte erteilt — unter bestimmten Auflagen. “Der Abriss wird
genehmigt, weil es dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zuzumuten war, weiter
für den Erhalt der Anlage aufzukommen”, sagte eine Sprecherin des
Landkreises am Dienstag der Berliner Zeitung. Diese Einschränkung des
Denkmalschutzes gilt erst seit In-Kraft-Treten eines neuen Landesgesetzes im
Sommer vergangenen Jahres. “Der Eigentümer muss aber die Ausstellung über
Thälmann einlagern oder umsetzen sowie den Denkmalwert dokumentieren”, sagte
die Sprecherin des Landkreises weiter.
Mit dieser Entscheidung könnte ein jahrelanger Streit ein definitives Ende
finden: Denn im Dezember 2002 hatte ein hoher Potsdamer Landesbeamter das 4
650 Quadratmeter große Seegrundstück ersteigert. Der neue Eigentümer,
ausgerechnet Leiter der Oberen Bauaufsicht im Land Brandenburg, wollte die
Thälmann-Gedenkstätte umgehend abreißen und an ihrer statt Privathäuser am
See errichten. Gerichtlich wollte er durchsetzen, dass die
Thälmann-Gedenkstätte keinen Denkmal-Charakter habe. Das wiederum brachte
den Freundeskreis der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, eine Vereinigung von
ehemaligen SED-Genossen, auf die Barrikaden. “Wir wollen das
antifaschistische Vermächtnis unseres Volkes bewahren”, sagte Heinz Schmidt,
der Vorsitzende des Freundeskreises. Nun besteht das antifaschistische
Vermächtnis derzeit hauptsächlich aus einer Ausstellung über Ernst Thälmann,
die seit 1986 nicht mehr überarbeitet wurde, also immer noch in damals
üblicher DDR-Manier den Arbeiterführer und KPD-Chef namens Teddy verklärt.
Das Seegrundstück ist mit Ernst Thälmann verbunden, weil dort im
Sportlerheim am 7. Februar 1933 die letzte Funktionärstagung der KPD
stattgefunden hatte — bereits in der Illegalität, die Nationalsozialisten
waren schon an der Macht.
Die DDR machte dann aus dem Sportlerheim am See 1953 eine
Thälmann-Gedenkstätte. Das Originalgebäude wurde 1958 abgetragen und durch
einen Neubau ersetzt. Lediglich die historischen Tagungsräume wurden umbaut.
Ein so genannter Ehrenhof mit Thälmann-Büste kam später hinzu. 1979
schließlich wurden die historischen Räume, die Büste sowie ein Boot, mit dem
einige kommunistische Funktionäre zum Tagungsort gekommen sein sollen, in
die Denkmalliste der DDR aufgenommen. Der Besuch des Ortes gehörte zum
Pflichtprogramm der DDR-Jugendorganisationen. Nach der Wende übernahm das
Land Brandenburg den bestehende Denkmalschutz.
Denkmalschützer irritiert
Und die Genossen vom Freundeskreis pflegten ihre Gedenkstätte weiter, bis
der Potsdamer Regierungsbeamte das Areal kaufte, die Schlösser austauschte
und den Thälmann-Verehrern den Zutritt zur Gedenkstätte verweigerte. Es
wurden allerlei Kompromissvorschläge gemacht. Der Bürgermeister von Königs
Wusterhausen wollte die Gedenkstätte in einer kommunalen Stiftung aufgehen
lassen. Und Detlef Karg, der oberste Denkmalschützer, wollte den Ort als
Geschichtsdenkmal erhalten. Denn an diesem Ort könnten das
DDR-Geschichtsbild und der DDR-Antifaschismus exemplarisch erklärt werden.
Auf die Abrissgenehmigung angesprochen reagierte Karg am Dienstag irritiert.
“Unser fachliches Votum hat sich für den Denkmalschutz in Ziegenhals
ausgesprochen”, sagte er. Nun sei der Landkreis offenbar zu einer anderen
Einschätzung gelangt. Der Thälmann-Freundeskreis kündigte für den 17. April
eine Demonstration an. Der Grundstückseigentümer wollte sich gegenüber der
Berliner Zeitung am Dienstag nicht äußern. “Das sind meine
Privatangelegenheiten”, sagte er. Offen bleibt, ob er die kostspieligen
Auflagen akzeptiert.