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Abschiebehaftanstalten: Nicht zusammenlegen, sondern abschaffen!

Berlin Innense­n­a­tor über­legt Abschiebe­haft kün­ftig in der Bran­den­burg­er Prov­inz zu vollziehen

Nach Auskun­ft von Innense­n­a­tor Frank Henkel sucht die Berlin­er Innen­ver­wal­tung aktuell nach Alter­na­tiv­en zur Abschiebe­haf­tanstalt in Köpenick, die als völ­lig überdi­men­sion­iert und unrentabel gilt.[1] Im Gespräch ist die Zusam­men­le­gung in der Abschiebe­haf­tanstalt Eisen­hüt­ten­stadt oder an einem neuen Stan­dort in Berlin. Schon in den kom­menden Wochen wird mit ein­er Entschei­dung gerechnet.

Abschiebe­shaft stellt für die Betrof­fe­nen eine enorme Belas­tung dar. Das Einges­per­rt­sein und die dro­hende Abschiebung führen schon nach kurz­er Dauer zu kör­per­lichen und seel­is­chen Erkrankun­gen.[2] Häu­fig kommt es zu Hunger­streiks und Suizid­ver­suchen. Besuche durch Ange­hörige, Seelsorger/innen, Anwälte/innen und Ehre­namtliche sind eine uner­lässliche Stütze, um den Haf­tall­t­ag psy­chisch zu ertragen.

Eine Ver­legung nach Eisen­hüt­ten­stadt würde die Häftlinge völ­lig isolieren, weil es vor Ort kaum Unter­stützung gibt und jed­er Besuch aus Berlin mit erhe­blichem Zeitaufwand ver­bun­den und finanziell kaum zu leis­ten ist. Auch die Vertre­tung durch Anwälte/innen ist in Eisen­hüt­ten­stadt enorm erschwert.

Die Fahrt vom Berlin­er Haupt­bahn­hof zur Abschiebe­haf­tanstalt in Eisen­hüt­ten­stadt dauert mit den öffentlichen Verkehrsmit­teln gut zwei Stun­den. Welch­er Anwalt nimmt für ein Man­dan­tenge­spräch vier Stun­den Fahrtzeit in Kauf?”, fragt Mar­ti­na Mauer vom Berlin­er Flüchtlingsrat. Ohne Anwalt kön­nen die Inhaftierten die Recht­mäßigkeit der Haft nur schw­er über­prüfen. Mit anwaltlich­er Hil­fe hinge­gen ste­hen die Chan­cen, die Aufhe­bung der Haft durchzuset­zen, recht hoch. „Statt die Abschiebe­haft nach Eisen­hüt­ten­stadt abzuschieben, sollte der Sen­at lieber daran arbeit­en, Abschiebe­haft ganz abzuschaf­fen”, so Mauer weiter.

Seit Dezem­ber 2010 gilt in Deutsch­land die europäis­che Rück­führungsrichtlin­ie, nach der Abschiebe­haft nur das aller­let­zte Mit­tel sein darf. Im Juni 2012 hat sich der Land­tag in Rhein­land-Pfalz für eine Bun­desratsini­tia­tive zur Abschaf­fung von Abschieb­haft aus­ge­sprochen. In Schleswig-Hol­stein heißt es im Koali­tionsver­trag der rot-grü­nen Landesregierung:

Wir hal­ten Abschiebe­haft grund­sät­zlich für eine unangemessene Maß­nahme und wer­den uns deshalb auf Bun­de­sebene für die Abschaf­fung der Abschiebe­haft ein­set­zen.” Bis zu ein­er Änderung der bun­desrechtlichen Vor­gaben sollen die im Aufen­thalts­ge­setz beste­hen­den Ermessen­spiel­räume genutzt wer­den, um Betrof­fe­nen so wenig Beschränkun­gen wie möglich aufzuer­legen und die Haf­tanstalt in Rends­burg zu schließen.[3]

Den Lan­desregierun­gen in Berlin und Pots­dam würde es gut anste­hen, sich der Poli­tik von Rhein­land-Pfalz und Schleswig-Hol­stein anzuschließen. Stattdessen wird die rot-rote Lan­desregierung Bran­den­burgs nicht müde, die Abschiebe­haf­tanstalt in Eisen­hüt­ten­stadt als ver­meintlich fortschrit­tlich schön zu reden und den Stan­dort aus struk­tur­poli­tis­chen Erwä­gun­gen zu vertei­di­gen”, sagt Beate Selders vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg. „Es wird Zeit, dass auch Berlin und Bran­den­burg Abstand davon nehmen, Men­schen, die nie­man­dem geschadet haben, ins Gefäng­nis zu stecken.

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Für weit­er­führende Infor­ma­tio­nen siehe auch die kür­zlich erschiene­nen Antworten der Bun­desregierung auf zwei par­la­men­tarische Anfra­gen zur Abschiebehaft:

Umset­zung der Abschiebungsrichtlin­ie der Europäis­chen Union und die Prax­is der Abschiebung­shaft”, Große Anfrage der Frak­tion DIE LINKE. im Bun­destag, Drs. 17/10597 http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/105/1710597.pdf

Sit­u­a­tion in deutschen Abschiebung­shaf­tanstal­ten”, Große Anfrage der Frak­tion Bünd­nis 90/Die Grü­nen im Bun­destag, Drs. 17/10596, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/105/1710596.pdf

 

 

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