Aufruf zur Demonstration gegen die unmittelbar bevorstehende Abschiebung
der kurdischen Familie Kutlu aus Neuruppin.
Dienstag, 6. September
15.00 Uhr Kundgebung vor der Ausländerbehörde (Heinrich-Rau-Str. 27–30 (am Union — kino)
14.00 Uhr Treffen am Busbahnhof, um gemeinsam das Amt aufzusuchen
Das Schicksal der kurdischen Familie Kutlu scheint besiegelt. Noch in
diesem Monat soll die fünfköpfige Familie aus Neuruppin in die Türkei
abgeschoben werden.
Seit fast 10 Jahren leben Celal und Fatma mit den vier Söhnen in
Neuruppin. Seit drei Jahren sind sie akut von einer Abschiebung in die
Türkei bedroht. Im August kam dann die Aufforderung der Ausländerbehörde,
Kutlus hätten Deutschland bis Ende des Monats zu verlassen. Wegen
fehlender Papiere aus der Türkei sei das Abschiebedatum noch mal auf
unbestimmte Zeit, sicher aber zum Ende des Monats September, verschoben
worden. Mit der Begründung, alle Rechtsmittel seien ausgeschöpft, lehnt
der zuständige Landrat Christian Gilde eine Verantwortlichkeit ab und
überlässt die „Fall“bearbeitung der Neuruppiner Ausländerbehörde.
In der Ungewissheit des genauen Abschiebetermins unterliegt die Familie
jetzt einer wöchentlichen Meldepflicht. Nach Bekanntgabe des genauen
Termins haben Kutlus dann drei Tage Zeit um ihre Wohnung aufzulösen, Ihr
Gepäck von maximal 20 kg pro Person zu packen und sich von Freunden,
Bekannten und in Deutschland lebenden Kindern und Enkeln zu verabschieden.
Celal Kutlu war in der Türkei aufgrund seines politischen Engagements in
einer kurdischen Partei verfolgt und inhaftiert worden. Alle anderen
männlichen Familienmitglieder kamen durch die Repressionen des türkischen
Staates ums Leben. Die Familie flüchtete aus der Türkei und kam 1996 nach
Deutschland. In Neuruppin stellten sie einen Asylantrag.
Vater Celal fand in Neuruppin Arbeit, die Kinder gingen bzw. gehen hier
zur Schule. Fatma ist durch die Verfolgung in der Türkei schwer
traumatisiert und befindet sich wegen schwerer Depressionen in ärztlicher
Behandlung. Sie hat mehrere Suizidversuche hinter sich und die momentane
ungewisse Situation hat ihre Krankheit weiter verschlimmert.
Für Mahmut (13) und Mehmet (14), die noch nie bewusst in der Türkei waren,
bedeutet die Abschiebung die Herauslösung aus ihrem sozialen Umfeld und
die „Rückkehr“ in ein Land, dessen Landessprache sie kaum sprechen und wo
sie niemanden kennen. Aufgrund der andauernden psychischen Belastungen
ihres ungesicherten Aufenthaltsstatus sind auch beide Söhne traumatisiert.
Mehmet, der durch einen schweren Autounfall vor neun Jahren in seiner
geistigen und seelischen Entwicklung beeinträchtigt ist, ist auf spezielle
Betreuung und Lernhilfe angewiesen. Ein deutscher Autofahrer hatte den
damals sechsjährigen angefahren, der mit schweren Kopfverletzungen mehrere
Wochen im Koma lag und bis heute mit den körperlichen und geistigen Folgen
leben muss.
Eine Abschiebung in die Türkei hat zur Folge, dass sowohl die Behandlungen
von Mehmet als auch von Fatma abgebrochen werden müssen.
Die Verlogenheit, der so typisch deutschen Forderung nach Integration
ausländischer Mitmenschen, wird in Neuruppin gerade deutlicher den je.
Während die Ausländerbeauftragte gerade medienwirksam im Rahmen der „Woche
des ausländischen Mitbürgers“ von einem Termin zum nächsten eilt, bleibt
keine Zeit die Abschiebepraxis der Neuruppiner Ausländerbehörde im
speziellen und die Unmenschlichkeit des deutschen Asylrechts im
allgemeinen anzugreifen. Familie Kutlu ist bereits die zweite Familie die
im August ihre Ausreiseaufforderung von der Neuruppiner Ausländerbehörde
erhalten hat. Eine andere Familie ist bereits in ihr vermeintliches
„Heimatland“ abgeschoben worden.
Wir fordern: Bleiberecht für Alle!
Am Dienstag, den 06. 09. 2005 um 15 Uhr findet deshalb in Neuruppin eine
Kundgebung gegen Abschiebung und die unmenschliche
Sachbearbeitungsmentalität der Ausländerbehörden statt. Treffpunkt ist
14:00 Uhr am Busbahnhof in Neuruppin.