Ein wegen Gewalttaten verurteilter NPD Stadtrat hat in Rathenow eine Kundgebung für mehr „Sicherheit“ angekündigt. Daraufhin bat ihn ein Christdemokrat auch um parlamentarische Hilfe. Der Neonazi soll einem CDU Antrag in der SVV zustimmen.
Stadtrat fordert mehr Sicherheit
Unter dem Motto: „Wir haben es satt – schafft endlich Sicherheit!“ ruft der Stadtverordnete Michel Müller zu einer Kundgebung in Rathenow auf. Die Versammlung soll in der kommenden Woche auf dem Märkischen Platz stattfinden. In einem Aufruf gibt sich Müller als Kümmerer. Er habe es satt von „Angriffen auf Kinder und Jugendliche in der Zeitung zu lesen“ oder das „Mädchen und Frauen sexuell belästigt werden“. Nähere Details zu den angeprangerten Delikten nannte er jedoch nicht – möglicherweise aus Vorsicht. Denn Müllers Äußerungen in jüngster Zeit haben zumindest bei einem Teil der Rathenower Bevölkerung für erhebliche Zweifel gesorgt. Ende April 2019 hatte der Stadtrat beispielsweise behauptet, dass „zwei Personen auf dem Märkischen Platz aus einer Gruppe mutmaßlich Ausländern heraus attackiert worden“ sein. Die Polizei widerlegte jedoch recht schnell seine Behauptungen. Dennoch wurde er bei den Kommunalwahlen wieder in die Stadtverordnetenversammlung (SVV) gewählt.
Neonazistischer Gewalttäter
Will nächster Woche in Rathenow eine Kundgebung abhalten: NPD Stadtrat Michel Müller (Mitte), hier bei einer Parteiveranstaltung 2015 in Brandenburg an der Havel.
Michel Müller ist NPD Stadtverordneter und sitzt seit 2014 im Rathenower Stadtrat. Er ist dort ein Einzelkämpfer, gehört keiner Fraktion an. Die Isolation hatte bisher immer einen Grund. Der Mann ist ein einschlägig verurteilter Gewaltverbrecher. Müller wurde mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten verurteilt, einmal auch wegen Beihilfe zum versuchten Mord. Er und weitere Täter hatten in der Silvesternacht 1999/2000 pakistanische Asylsuchende gejagt. Später war Müller in der neonazistischen Kameradschaftsszene aktiv, gehörte bis zu deren Verbot 2005 der Kameradschaft „Hauptvolk“ an und machte danach Karriere in der NPD. Heute ist er, neben seinen Mandaten im Rathenower Stadtrat und im havelländischen Kreistag, Landesorganisationsleiter im brandenburgischen Landesverband dieser Partei. Wegen seines Engagements im neonazistischen Milieu wird Müller in Verfassungsschutzberichten des Landes Brandenburg mehrfach erwähnt.
Flirten mit der CDU
Seit dem erheblichen Stimmengewinn von Parteien mit extrem rechten Positionen, scheinen derartige Makel im Lebenslauf für manche aber keine große Rolle mehr zu spielen. Auf Müllers offiziellen Seite im Socialmedia führt beispielsweise Enrico Fülöp-Daniel von den Rathenower Christdemokraten freundliche Dialoge mit dem NPD-ler. Der CDU Mann beanstandet lediglich, dass Müllers für nächste Woche geplante Veranstaltung zum Thema „Sicherheit“ zeitlich ungünstig gelegt sei. Gegen dessen Kundgebung ansich habe er jedoch nichts. Und nicht nur das. Fülöp – von Beruf übrigens Polizist – fordert Neonazi Müller sogar öffentlich dazu auf für einen Antrag der CDU in der Stadtverordnetenversammlung, bei dem sich für eine Videoüberwachung in Rathenow ausgesprochen wird, zu stimmen. Darüber hinaus beschwerte er sich bei dem gewalttätigen NPD Mann über „rot rot“ und das die Linke in der Stadt lieber Geld für einen Streetworker anstatt für Videoaufzeichnungen ausgeben würde. Fülöp trat zur Stadtratswahl auf einer Liste der CDU an und konnte 210 Stimmen (2,75 %) auf sich vereinnahmen, blieb jedoch ohne Mandat.