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Aids als Waffe?

(Hen­ri Kramer)Den­nis Mil­hol­land will nicht ver­ste­hen, warum er in zwei Wochen am 25. Jan­u­ar im Amts­gericht Pots­dam als Angeklagter erscheinen muss. Dort soll im Sitzungssaal 310 ab 13.30 Uhr gegen den 57-jähri­gen Sehbe­hin­derten wegen des Vor­wurfs der gefährlichen Kör­per­ver­let­zung ver­han­delt wer­den. Die Staat­san­waltschaft Pots­dam beschuldigt Mil­hol­land, dem zur Tatzeit 24-jähri­gen Oliv­er K. bei ein­er gewalt­täti­gen Auseinan­der­set­zung im Haupt­bahn­hof in den linken Zeigefin­ger gebis­sen zu haben, dass dieser blutete. Danach soll Mil­hol­land zu Oliv­er K. gesagt haben: „Ich habe Aids – und du jet­zt auch.“

Über diese Sichtweise ist Mil­hol­land, ein in Berlin leben­der Autor jüdis­chen Glaubens, empört. „Ich wurde ange­grif­f­en und habe Oliv­er K. gebis­sen, als dieser mich nach mehreren Angrif­f­en begann zu wür­gen.“ Danach habe er den Gebis­se­nen nur war­nen wollen. „Ich sagte ihm, dass ich mich an sein­er Stelle unter­suchen lassen würde“, sagt Mil­hol­land. Darauf habe Oliv­er K. panisch reagiert und die Polizei geholt. Die ein­tr­e­f­fend­en Beamten hät­ten denn auch zunächst dem Angreifer geglaubt. Doch dieser sei inzwis­chen wegen seines Angriffs auf Den­nis Mil­hol­land und zwei sein­er Begleit­er verurteilt wor­den: „Mein Biss war ein­deutig Notwehr.“

Danach habe sich laut Mil­hol­land fol­gen­des Geschehen abge­spielt: An jen­em 27. Mai 2005 seien er und zwei Fre­unde nach einem Kabaret­tbe­such mit ein­er Tram zum Haupt­bahn­hof gefahren. Darin sei die kleine Gruppe das erste Mal auf Oliv­er K. und zwei Begleit­er von ihm getrof­fen. Weil sie Dön­er aßen, seien Mil­hol­land und seine Fre­unde in der Folge als „Knoblauch­fress­er“ belei­digt wor­den. Am Bahn­hof habe Oliv­er K. die in der homo­sex­uellen Szene verkehrende Gruppe dann schwu­len­feindlich beschimpft und angerem­pelt. Am Bahn­steig der S‑Bahn sei der Stre­it eskaliert: Ein­er der Fre­unde von Mil­hol­land sei geschla­gen wor­den. Daraufhin habe ihn der auf einem Auge blinde Autor am Arm gehal­ten: „Ich bekam deswe­gen einen harten Schlag ins Gesicht.“ Schließlich habe Oliv­er K. ihn zu Boden gestoßen, so Mil­hol­land. Als er wieder aufge­s­tanden sei, habe ihn Oliv­er K. erneut ange­grif­f­en und ver­sucht zu wür­gen. In sein­er Angst hätte Mil­hol­land ihm in den Fin­ger gebis­sen: „Ich ver­ste­he nicht, dass ich mich nicht gegen einen solchen Angriff wehren hätte dürfen.“

Auch aus einem anderen Grund ist Mil­hol­land von der Staat­san­waltschaft Pots­dam, die in dem Fall ermit­telt, ent­täuscht: „In der Fach­welt sind nur drei Fälle bekan­nt, dass HI-Viren durch einen Biss über­tra­gen wur­den.“ Deswe­gen könne er die Ein­stu­fung, dass er sog­ar eine gefährliche Kör­per­ver­let­zung began­gen haben soll, nicht nachvol­lziehen. „Die Staat­san­waltschaft scheint die Über­tra­gungswege von Aids nicht zu ken­nen“, so Milholland.

Der ange­blichen Unge­fährlichkeit des Biss­es kann der Ober­arzt in der Infek­tion­s­abteilung des Klinikums Ernst von Bergmann, Wolf­gang Güthoff, teil­weise zus­tim­men: „Nur wenn der Beschuldigte selb­st im Mund geblutet hat und sich sein Blut mit dem des Gebis­se­nen ver­mis­cht, ist die Infek­tion möglich.“ Die Konzen­tra­tion von HI-Viren im Spe­ichel sei dage­gen nur sehr ger­ing, so dass eine Infek­tion mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht hätte stat­tfind­en kön­nen – was bei Oliv­er K. laut Mil­hol­land auch nicht passiert sei.

Die Pots­damer Staat­san­waltschaft wollte sich gestern nicht detail­liert zu dem Fall äußern, da die Akten bere­its am Amts­gericht lägen, so Sprech­er Wil­fried Lehmann: „Wenn sich die Ermit­tlun­gen aus unser­er Sicht so darstellen, dass zu über­wiegen­der Wahrschein­lichkeit mit ein­er Verurteilung zu rech­nen ist, muss ein Ver­fahren stat­tfind­en.“ Unter­dessen rief Carsten Bock von der Kom­mu­nalen Arbeits­ge­mein­schaft Tol­er­antes Bran­den­burg e.V. zur Teil­nahme am Prozess auf: „Dür­fen sich HIV-Infizierte kün­ftig nicht mehr gegen Angriffe wehren?“. 

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