MAHLOW Sonnabendvormittag in Mahlow, Trebbiner, Ecke Bahnhofstraße. Die Arbeitsgruppe Tolerantes Mahlow hat einen Stand aufgebaut. Weit sichtbar kündet ein Transparent am Tisch vom Anliegen: Aktion Noteingang. Ein älterer Passant, dem Cordyline Bartz einen Flyer in die Hand drücken will, schüttelt den Kopf und geht rasch weiter. Dann hält ein Ehepaar unterm Regenschirm an, lässt sich Informationsmaterial und auch einen Anstecker geben.
“Wir haben heute schon viele gute Gespräche gehabt, einige Mahlower sind vorsichtig und misstrauisch, aber es gibt auch welche, die uns die Flyer förmlich aus den Händen reißen”, sagt Cordyline Bartz von der Arbeitsgruppe Aktion Noteingang. Die Ehrenamtlichen traten am Sonnabend zum ersten Mal mit ihrem Anliegen in der Öffentlichkeit auf. “Wir wollen mobilisieren gegen alle Form von Gewalt und die Mahlower ermuntern, Flagge zu zeigen”, erklärt Heinz-Jürgen Ostermann. Dazu sollen die grellroten Aufkleber dienen, die, an Läden oder Einrichtungen angebracht, signalisieren: “Wir bieten Schutz vor rassistischen Übergriffen!”
In acht Geschäften, zum Beispiel in einem Modesalon und Schreibwarenladen, hat Regina Bomke innerhalb einer Stunde um Verbündete geworben, nur in zweien holte sie sich eine Absage. “Doch die beiden haben das sehr sachlich begründet. Sie sagen, die Eingrenzung auf rassistische Übergriffe ist ihnen zu wenig, sie wollen sich damit nicht in die Naziecke drängen lassen.”
“Eigentlich brauche ich dieses Schild nicht. Für mich ist es selbstverständlich, jemanden in Not zu helfen”, betont Geschäftsfrau Martina Bellmann vom Uhren- und Schmuckladen. “Aber wer weiß denn, ob es einen nicht selbst mal trifft?”
“Weggucken finde ich doof”, meint spontan Hundefriseurin Wulze. Sie hat sofort ja zur “Aktion Noteingang” gesagt. “Wir bringen das Schild an, definitiv, aber vorher wird noch das Fenster geputzt”, teilt sie auch im Namen der Inhaberin des Heimtierbedarfs mit, mit der sie sich das Geschäft teilt. “Meine beste Freundin ist Türkin und ich habe afrikanische Bekannte, also, ich denke, es gibt immer Möglichkeiten, etwas zu tun”, begründet die Hundepflegerin ihre Entscheidung.
Die acht Ehrenamtlichen von der Aktion Noteingang wissen um die Vorbehalte mancher Mahlower und gehen behutsam vor. Dumme Antworten habe man nicht erhalten, wohl aber ängstliche Bedenken. “Man muss den Leuten erst mal die Chance geben, sich mit dem Material vertraut zu machen, es geht ja hier nicht um ein Haustürgeschäft sondern um Zivilcourage”, so Heinz-Jürgen Ostermann. Der Mahlower hatte der Gemeindevertretung die Aktion vorgestellt und sich dafür stark gemacht, dass die Abgeordneten sich dazu positionierten. Die öffentlichen Einrichtungen hätten jetzt alle von der Gemeinde ein Schreiben erhalten. “Wir suchen sie in der kommenden Woche auf und erklären, worum es geht. Auf dem Flyer erfährt man auch, wie man sich im Fall der Fälle verhalten soll.” Damit rechnet Regina Bomke nicht so vordergründig: “Es geht vor allem um ein öffentliches Bekenntnis der Mahlower, dass sie Gewalt ablehnen.”
Nach Auskunft von Cordyline Bartz kleben in Mahlow inzwischen etwa 15 bis 20 rote Schilder an Geschäften, aber auch bei Privatleuten. Er ist optimistisch: “Jetzt dauerts noch ein paar Tage, dann sinds mehr.”