Die weißen Flecken verschwinden
Dokumentation über Zwangsarbeit in Potsdam
Potsdam — Die Spuren wurden verwischt — blinde Flecken auf den Augen des Betrachters, weiße Flecken auf der Landkarte. Doch das Problem ist virulent — nicht nur in Potsdam, sondern bundesweit. Jahrzehntelang wurde es verdrängt oder vergessen. Erst Ende der 90er-Jahre kochte es hoch — mit der Diskussion um die individuelle Entschädigung für ehemalige Zwangsarbeiter während der Nazi-Zeit.
Für die Landeshauptstadt Potsdam liegt nun erstmalig eine systematische Dokumentation vor, die mit dem Vergessen Schluss macht, Unrecht benennt und Stadt und Einwohner an ihre Verantwortung erinnert. Die weißen Flecken verschwinden und werden zumindest auf dem Stadtplan durch rote Kreise ersetzt — 70 an der Zahl, die auf über das gesamte Stadtbild verteilte Zwangsarbeiterlager hinweisen. Der Betrachter kann — sofern dazu bereit — sehenden Augens durch die Stadt gehen.
Anhaltspunkt bietet die Ausstellung «Zwangsarbeit in Potsdam», die auf dem gleichnamigen und gerade erschienenden Buch der Potsdamer Historikerin Dr. Almuth Püschel basiert. «Zum Pflichtprogramm eines jeden Touristen gehören die Zeugnisse des Wirkens ausländischer Arbeitskräfte, die aufgrund der Einwanderungspolitik der preußischen Herrscher im 16., 17. und 18. Jahrhundert nach Potsdam geholt wurden. Genannt sei nur das Holländerviertel. Doch wenig Beachtung fanden die 10 000 Arbeitskräfte — vornehmlich zivile ausländische Arbeitskräfte sowie Kriegsgefangene aus Polen, Frankreich, der UdSSR und Italien — , die zwischen 1939 und 1945 vor aller Augen unter menschenunwürdigen Bedingungen in 65 Potsdamer Betrieben zur Arbeit gezwungen wurden», sagt die Autorin. Um an das Unrecht zu erinnern, wird die Stadt nach Auskunft von Bürgermeister Jann Jakobs (SPD) entsprechende Orte im Stadtbild kennzeichnen.
Die Ausstellung des Vereins zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in der Stadt Potsdam ist bis zum 4. Juli im Kulturhaus Babelsberg, Karl-Liebknecht-Straße 135, zu sehen. Öffnungszeiten: Montag 9 bis 15 Uhr, Dienstag 9 bis 18 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 9 bis 20 Uhr und Freitag 9 bis 14 Uhr. Das gleichnamige Buch von Almuth Püschel ist beim Märkischen Verlag, Wilhelmshorst erschienen und kostet 13 Euro.