RHEINSBERG Kai engagiert sich gegen Gewalt. Warum? Vor fünf Jahren wurde der Vater des 18-Jährigen offenbar von Rechten zusammengeschlagen. Bei dem brutalen Angriff hat der Vater einige Zähne verloren. Der Schüler selbst wurde schon bedroht. „Man hat mir einmal ein Messer an den Hals gehalten“, sagt Kai.
„Aktion Noteingang“ heißt das Projekt, für das sich Kai und drei andere Jugendliche in Rheinsberg couragiert einsetzen. Die Aktion wurde 1998 von Bernauer Jugendlichen als Zeichen gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit ins Leben gerufen. Aufkleber mit der Aufschrift „Wir bieten Schutz und Informationen bei rassistischen und fremdenfeindlichen Übergriffen“ zeigen, wer mitmacht.
Möglichst viele Mitstreiter wollen die Schüler auch in Rheinsberg gewinnen und sind gerade dabei, Fragebögen in etwa 100 Geschäften, Restaurants, Kneipen und öffentlichen Einrichtungen zu verteilen. Sie wollen herausfinden, wer sich an der Aktion beteiligt und ebenfalls durch einen Aufkleber seine Hilfe für den Ernstfall signalisiert.
„Viele sind der Meinung, das Thema sei nicht akut, weil in Rheinsberg keine Gewalt existiert“, resümiert Kevin. Den 18-Jährigen freut, dass die meisten der Angesprochenen sich Zeit nehmen für das Anliegen und man ins Gespräch komme. „Viele sagen, sie würden helfen“, so Kevin.
Aber ich glaube, sie haben sich über die konkrete Situation, wenn ein Gewaltopfer vor ihnen steht, noch keine Gedanken gemacht.“
Bis zum 31.Januar können die Fragebögen, die anonym ausgefüllt werden, bei der Stadtjugendpflegerin Alexandra Willers in der Schlossstraße 17 zurückgegeben werden.
Danach werden die Antworten ausgewertet und die Aufkleber verteilt. „Das Ende der Aktion ist offen“, sagt Alexandra Willers. Das Hauptziel sei aber mit dem Anbringen der Aufkleber erreicht. „Der Bürgermeister, das Hauptamt, die Schule und die Bibliothek“ haben schon klare Signale gegeben“, so die Stadtjugendpflegerin.
In ihrem Büro war Kevin beim Blättern in einer Zeitschrift auf die „Aktion Noteingang“ aufmerksam geworden und es war Ehrensache für ihn mitzumachen. „man muss doch öffentlich Zeichen setzen“, so der Schüler, der bisher nur verbale Gewalt erfahren hat.
Kevin und Kai sind auf das Ergebnis der Aktion gespannt. Kai wäre zufrieden, wenn 70 bis 80 Prozent der Angesprochenen den Aufkleber anbringen würden, Kevin hält 30 Prozent für realistisch.
Für ihren Einsatz haben die beiden Schüler in ihrer Schule auch schon aggressive Blicke oder ein Grinsen kassiert. Davon zeigen sie sich unbeirrt. Sie stehen zu ihrem Engagement und glauben, dass sie einen Eindruck hinterlassen und zumindest eine Diskussion in Gang setzen.