Das landesweite Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sieht erheblichen Klärungsbedarf bei der Umsetzung des neuen Bundesprogramms ´´Förderung von Beratungsnetzwerken – Mobile Kriseninterventionsteams gegen Rechtsextremismus´´, das nur noch kurzfristig reagiert, wo langfristig agiert werden müsste.
Kern dieses Entwurfes ist die, so wörtlich „Einrichtung und Entwicklung von landesweiten Beratungsnetzwerken, aus denen anlassbezogen, unmittelbar und zeitlich befristet Mobile Kriseninterventionsteams gebildet werden“.
Aus Sicht des Aktionsbündnisses bewährt sich der präventive und beratende Ansatz in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, wie er in Brandenburg sowohl mit dem Handlungskonzept der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg, als auch mit dem Wirken einer Vielzahl von bürgerschaftlichen Organisationen und lokalen Bündnissen für Vielfalt und Toleranz. Demokratische Potenziale vor Ort werden so langfristig unterstützt, um auch im Krisenfall weitgehend selbständig mit eigenen Ressourcen reagieren zu können bzw. um ihr Kooperationspartnernetzwerk – lokal, regional und landesweit — wissen und dieses aktivieren können.
Ein solches gesellschaftliches Programm verlangt einen langen Atem und ist deshalb ausdrücklich nicht als kurzfristige Kampagne „von oben“ konzipiert. Bei der Erarbeitung des Handlungskonzeptes sei klar gewesen, dass es „keines der üblichen, von vornherein befristeten Sonderprogramme der öffentlichen Hand“ sei – so festgehalten im 1. Zwischenbericht der Landesregierung zur Umsetzung des Handlungskonzeptes. Vielmehr wolle die Landesregierung mit dem „Toleranten Brandenburg“ als Leitgedanken ihrer Politik über einen längeren Zeitraum die gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Toleranz und Weltoffenheit begleiten und unterstützen.
Das vorliegende Konzept der Krisenintervention des Bundesfamilienministeriums verkürzt aus unserer Sicht die Ausrichtung auf kurzfristige und zentral gesteuerte „Einsätze“, die nicht mehr als eine Reaktion auf rassistische und rechtsextreme Vorfälle sein kann.
Im Rahmen des Handlungskonzeptes hat die Landesregierung in Brandenburg die Verantwortung für die Bereitstellung von Ressourcen für die langfristige Mobile Beratung und die Opferberatungsstellen übernommen und insofern einen Schwerpunkt auf präventive und die demokratischen Strukturen langfristig vor Ort unterstützenden Beratungssysteme gelegt.
Wenn wir den Blick über die Grenzen des Landes werfen, so sind in der Regel in den anderen Bundesländern diese Landesstrukturen nicht vorhanden. Die Bundesregierung hat auf Druck der Öffentlichkeit neben den lokalen Aktionsplänen und den wenigen Modellprojekten, die gefördert werden können, auch die Mitfinanzierung von Opferberatungs- und mobiler Beratung, sowie eine weitere Unterstützung von Netzwerkstellen zugesagt. Die vorliegenden Entwürfe lassen nicht erkennen, wie diese Arbeit mit dem Konzept der „Krisenintervention“ nachhaltig geleistet werden kann.
Wenn wir davon ausgehen, dass die Krisensituationen immer nur Extreme darstellen, die auf langwierig wirkenden Einstellungen, Einstellungsmustern etc. ruhen, so erscheint der Ansatz des Bundes als aktionistisch und verabschiedet sich von einem – in Brandenburg bewährten und praktizierten — präventiven Ansatz der Arbeit gegen Rechtsextremismus.
Anliegen des Bundesprogramms hätte es sein müssen, die langjährigen Erfahrungen des zivilgesellschaftlichen Engagement zu berücksichtigen und bei der Abstimmung eines neuen Programms die Bundes- und Landeskonzepte auf einander zu beziehen. Diese Chance ist beim bisherigen Stand der Programmentwicklung aus unserer Sicht aktionistisch vertan worden.
Dazu Alfred Roos, stellvertretender Vorsitzender des Aktionsbündnisses:
„Aus unserer Sicht sind langfristig Modelle erfolgreich, die Multiplikatorenansätze mit lokalen und regionalen Kooperationen verbinden. Modelle müssen die Akteure vor Ort zur Kooperation befähigen und bewegen. Nur so lassen sich schwerfällige und beharrliche Organisationen und Institutionen für gesellschaftliche Veränderungen aufschließen. Es geht also um einen Mix aus lokaler Projektorientierung und fachlicher Beratung und Qualifizierung, um die Kontinuität in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus sichern.“