POTSDAM Bis zu einem weltoffenen, toleranten Brandenburg ist es nach
Einschätzung von Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) noch ein langer
Weg.
Leider werde die Zahl der Ausländer im Land vielfach völlig
überschätzt,
sagte Reiche gestern in Potsdam. Er nahm an einer Plenumsitzung des
Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit
teil, dem 50 Organisationen und gesellschaftliche Gruppierungen
angehören.
Der alltägliche Rassismus komme nach wie vor aus der Mitte der
Gesellschaft,
sagte der Vize-Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Detlef Baer. Als
Beispiel
nannte er Wittstock, wo jugendliche Gewalttäter äußerlich nicht als
Rechtsextreme zu erkennen waren. Sie hatten im Mai 2002 einen
24-jährigen
Russlanddeutschen so brutal geschlagen und getreten, dass er später an
seinen Verletzungen starb.
Bei den Angreifern handelte es sich um intelligente, sozial angepasste
Menschen, zitierte Baer das Landgericht Neuruppin. Die im Prozess
auftretenden Zeugen hätten dem Opfer keine Hilfe geleistet und eine
“Mauer
des Schweigens” gebildet. Andere ausländerfeindliche Übergriffe der
jüngsten
Zeit in Jüterbog, Teltow, Fürstenwalde oder auch Potsdam ließen
aufschrecken.
Besondere Sorge bereitet laut Baer die Teilnahme der rechtsextremen NPD
an
Friedensdemonstrationen während des Irak-Krieges. Die Partei wolle
damit den
Eindruck erwecken, dass sie die Ablehnung des Krieges durch die
Bevölkerungsmehrheit teilen. Mit ihren Parolen schürten sie
Antiamerikanismus und Antisemitismus. Dies sei eine neue
Herausforderung in
der politischen Auseinandersetzung.
Etliche Vertreter im Aktionsbündnis beklagten die Diskriminierung von
Flüchtlingen. Dazu trügen die Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften
oder der Einkauf mit Gutscheinen statt Bargeld bei. Gerade ein Land mit
hoher Ausländerfeindlichkeit sollte Flüchtlinge humanitär behandeln,
hieß
es. “Entsetzt” äußerte sich die Vertreterin des Flüchtlingsrats über
den
Umgang von Behörden mit dem Kirchenasyl und forderte erneut die
Einrichtung
einer Härtefallkommission.