Strafrechtliche Relevanz des beschlagnahmten Propagandamaterials wird geprüft
GÖRZKE — Erleichterung und Genugtuung herrscht bei den meisten Einwohnern
der Handwerkergemeinde darüber, dass Andy B. seit einigen Tagen hinter
Schloss und Riegel sitzt. Denn der bullig wirkende und ob seiner prägnanten
Tätowierungen unverkennbare B., der am 28. Juni in Rottstock einen
26-jährigen Asylbewerber aus Kamerun bedroht, beschimpft und schließlich
samt Fahrrad in den Teich gestoßen haben soll, ist im Ort und bei der
Polizei kein unbeschriebenes Blatt.
Nicht zuletzt wegen seines aggressiven Auftretens war er besonders
gefürchtet. Schon sein Spitzname “Al Capone” sagt einiges über sein Image im
Ort aus. Seine Dreistigkeit soll sogar soweit gegangen sein, dass er im
Supermarkt des Dorfes mit seinem vollen Einkaufswagen ohne zu bezahlen an
der Kasse vorbei gegangen ist. Aus Furcht vor ihm habe ihn niemand daran
gehindert, heißt es. Außerdem — so wird erzählt — habe er Zeugen, die gegen
ihn aussagen sollten, massiv unter Druck gesetzt, ihre Autos zerkratzt oder
ihnen mit Schläge gedroht. Selbst vor einem Behinderten habe er nicht Halt
gemacht.
Die Liste der Straftaten, die B. zur Last gelegt wurden, ist so lang, dass
sie inzwischen mehrere Seiten füllt. Sie reicht von Sachbeschädigungen,
Hausfriedensbruch, Ladendiebstahl, einfacher, gefährlicher und schwerer
Körperverletzung über Autoklau, Diebstahl aus Fahrzeugen, Gefährdung des
Straßenverkehrs, Fahren ohne Führerschein bis hin zu sexuellem Missbrauch
von Kindern und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
In Polizeikreisen gilt der 32-Jährige, der erstmals 1996 in Sachsen-Anhalt
als Krimineller aktiv wurde, als “gewalttätig” und “gefährlich”. Intern wird
davor gewarnt, dass er aufgrund seiner kriminellen Energie “Ausbruch
gefährdet” sei. Doch bislang hat Andy B., der früher K. hieß und den Namen
seiner Frau angenommen hat, trotz seines Vorstrafenregisters erst einmal
Bekanntschaft mit “schwedischen Gardinen” machen müssen. Und das auch nur,
weil er eine vom Gericht gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht gezahlt hatte.
So saß er Ende des vergangenen Jahres bis Anfang Februar dieses Jahres in
der Justizvollzugsanstalt Brandenburg.
In der Wohnung des Beschuldigten war jede Menge Beweismaterial
sichergestellt worden, das eine rechtsextremistische Motivation der jüngsten
Straftat als eindeutig erscheinen lässt. Die Rede ist von rund 250 CDs mit
Musik der rechtsextremen Szene, Büchern und anderem Propagandamaterial.
Allein der Besitz dieser Dinge sei nicht strafbar, erklärte Rolf Roggenbuck,
Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Er dürfe deshalb auch nicht
genehmigen, dass diese “Privatsachen des Herrn B.” der Öffentlichkeit
gezeigt werden. Es müsse erst die “strafrechtliche Relevanz” geprüft werden.
Das wiederum kann dauern. Der zuständige Bearbeiter ist in Urlaub.