Vortrag der Antifa und Opferperspektive Brandenburg über rechte Musik / Rechtsrockband angeblich auch in Oranienburg aktiv
ORANIENBURG “Überall Koritzen, ich schieße mit der Flak auf das ganze
Judenpack. Es gibt nur einen Nenner und der ist arisch.” So texteten die
Rechts-Hip-Hopper von “DissauCrime” in ihrem Lied “Gestapo aus dem Osten”
und landeten im Mai dieses Jahres wegen Volksverhetzung vor Gericht. Dass
inzwischen selbst Rapper rechtsextremes Gedankengut vertonen, überrascht
Michael Weiß, Mitarbeiter des Antifaschistischen Pressearchivs Berlin,
nicht: “Neonazi-Musik beschränkt sich längst nicht mehr auf Skinheads -
das geht durch alle Musikrichtungen.”
Michael Weiß referierte am Mittwochabend auf Einladung der Antifa
Oranienburg und der Brandenburger Opferperspektive in der Oranienburger
PDS-Geschäftsstelle über Musiktendenzen der rechten Szene. Ab wann man von
Rechtsrock sprechen kann, sei dabei nicht ganz einfach. “Man muss sich
immer fragen, wer seine Lieder zu welchem Zweck vor welchem Publikum
spielt”, so Weiß und erinnert an das Anti-Nazi-Lied “Söldner” der Punkband
Targets, das die rechte Kultband Störkraft mit gleichem Text später zu
ihrer Märtyrerhymne machte.
Immer wieder nutzt Weiß Hörbeispiele, um die Genres rechter Musik
vorzustellen: von den Rechtsrockern Landser, Black Metal und Dark Wave mit
NS-Verherrlichung, nationalen Liedermachern wie Frank Rennicke, frauen-
und homosexuellenverachtenden Texten bei dem Hip-Hoper Fler bis hin zu den
Zillertaler Türkenjägern, die “doitsche Stimmungshits” vertonen.
Da darf dann schon mal zu “An der Nordseeküste, am arischen Strand”
geschunkelt werden. “Man kann die Bands nicht alle in einen Sack stecken”,
gibt Weiß zu bedenken. “Sicher ist beispielsweise Fler kein Neonazi, aber
er bedient genau wie die Böhsen Onkelz Symbole und Provokationen, die
kompatibel nach ganz Rechtsaußen sind.”
Genau das hat auch die NPD erkannt: Musik ist für die rechtsextreme Partei
inzwischen der zentrale Köder bei deren Jugendarbeit. Ob Schulhof-CDs oder
wie Anfang August beim NPD-Pressefest, als 5000 Neonazis zu
Rechtsrockbands aus den USA und Deutschland tanzten. “80 Prozent der
Besucher hat die NPD nur über die Musik zum Pressefest gelockt”, schätzt
Weiß. Und um die rechten Bands spinnt sich inzwischen ein finanzkräftiges
Geschäft: CDs, Shirts, Fanartikel, Plattenlabel, Konzerte.
Gerade die Konzerte erreichen in Deutschland laut Weiß eine unerreichte
Zahl: Waren es 1996 noch 70 bundesweit bekannt gewordene Auftritte, stieg
diese Zahl bis zum letzten Jahr auf 255 Veranstaltungen. “Das ist förmlich
explodiert.” Grund sei, dass die Konzerte aus Schutz vor der Polizei in
immer konspirativerem und kleinerem Rahmen organisiert werden — dafür aber
umso öfter.
Auch die Antifa will von einer Rechtsrockband in Oranienburg wissen.
Genaueres konnten sie den rund 25 Zuhörern allerdings nicht sagen — zu
konspirativ seien die Proben und Auftritte der Naziband.