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Angebliche Stimmungslieder und tatsächliche Gewalt in Trebbin

LUCKENWALDE “Wir haben ganz nor­male Schlager gehört und auch Stim­mungslieder mit­ge­sun­gen.” So schildert der 25-jährige Sil­vio K. vor dem Jugend­schöf­fen­gericht Luck­en­walde die Szenen, die sich in der Nacht vom 19. zum 20. April in ein­er Treb­bin­er Woh­nung abge­spielt haben. Ohren­zeu­gen haben es jedoch anders erlebt. Bis auf die Straße waren aus einem geöffneten Fen­ster die Has­slieder von Kult­bands der recht­en Szene zu hören, in denen zum Beispiel Jesus als “altes Juden­schwein” beschimpft wird.

 

Die frag­würdi­ge Beschal­lung kam aus der Woh­nung des damals 20-jähri­gen David P., der sich nun wegen der Verunglimp­fung religiös­er Beken­nt­nisse ver­ant­worten muss. Mit fünf Fre­un­den habe er sich getrof­fen, wie jeden Fre­itag vor der Dis­co, begrün­det der braun gebran­nte, glatzköp­fige Mann die Feier. Er und seine bei­den als Zeu­gen vor Gericht gelade­nen Fre­unde bemühen sich um den Ein­druck, “Führers Geburt­stag” am 20. April habe mit dem Tre­f­fen nichts zu tun gehabt.

 

Dem ste­ht der Bericht der Polizis­ten ent­ge­gen, die in jen­er Nacht einge­set­zt waren. “Pünk­tlich um Null Uhr erk­lang, Deutsch­land, Deutsch­land über alles — und mehrere Stim­men haben kräftig mit­ge­sun­gen”, berichtet ein­er der Beamten. Als die speziell geschul­ten Ein­satzkräfte schließlich hörten, wie das ver­botene Lied mit der Het­ze aus dem Fen­ster dröh­nte, schrit­ten sie ein. Sie durch­sucht­en die Woh­nung von David P. nach verdächti­gen Ton­trägern und fan­den schließlich in ein­er Playsta­tion eine CD mit der schlicht­en Auf­schrift “Gemis­cht­es” und einem weit weniger harm­losen Inhalt.

 

In der Ver­hand­lung beteuern David P. und seine Fre­unde zwar, ger­ade diese CD nicht gehört zu haben, doch das Gericht hält die Aus­sagen der Polizeibeamten let­ztlich für glaubwürdiger.

 

Die zweite Tat, für die sich der Angeklagte zu ver­ant­worten hat, erscheint auf den ersten Blick alltäglich: Er soll nach einem Dis­co-Besuch wenige Wochen vor dem Nazi-Lieder­abend einen anderen jun­gen Mann niedergeschla­gen und dabei ver­let­zt haben. Nach den Auftrit­ten der Zeu­gen bleiben in der Ver­hand­lung zwar einige Details und auch die Vorgeschichte der Prügel­szene unklar, das Gericht hält aber auch diese Tat für bewiesen. Das hat für David P. harte Kon­se­quen­zen, stand er doch zu jen­em Zeit­punkt unter Bewährung für voran gegan­gene Straftaten.

 

Ger­ade zwei Monate vor der Prügelei war ihm der Vol­lzug ein­er Frei­heitsstrafe wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung in einem Bewährungs­beschluss erlassen wor­den. 1999 und 2000 hat­te er, damals noch in Lud­wigs­felde lebend, Schlägereien provoziert und auch einen aus­ländis­chen Bauar­beit­er zusammengeschlagen.

 

Doch nun gibt es keine Gnade mehr. Auch der Hin­weis der Vertei­di­gerin auf die begin­nende Nor­mal­isierung im Pri­vatleben des Angeklagten kann die Strafe nicht abwen­den. “Herr P. hat erst­mals ein unbe­fris­tetes Arbeitsver­hält­nis, ernährt seine Fam­i­lie und braucht die Möglichkeit, das auch weit­er­hin zu tun”, argu­men­tiert die Anwältin.

 

Nicht jed­er, der arbeit­et, müsse noch ein­mal eine Bewährungszeit erhal­ten, weist der Richter dies zurück. Und mit der Sorge um seinen jet­zt ein­jähri­gen Sohn scheine es bei David P. auch nicht weit her zu sein — schließlich habe das wenige Monate alte Kind im Nach­barz­im­mer gele­gen, als der Rechts-Rock aus den Box­en dröh­nte. “Er hat bei­de Straftat­en began­gen, obwohl er wusste, dass er eine Fam­i­lie hat­te”, sagt der Richter in der Urteilsbegründung.

 

Zwei Jahre Frei­heit­sentzug wegen Kör­per­ver­let­zung und Beschimp­fung religiös­er Beken­nt­nisse lautet das Urteil, das zu Gun­sten von David P. nach Jugend­strafrecht gefällt wurde. Zwar wird eine acht­monatige Unter­suchung­shaft auf die Strafe angerech­net, doch auch für den Rest der Zeit wird die Tren­nung von Fre­undin und Sohn schmerzhaft genug. Erschüt­tert blickt David P. bei der Urteils­be­grün­dung starr vor sich auf den Tisch, auch wenn das Urteil noch nicht recht­skräftig ist.

 

Ein ander­er hat den Gerichtssaal dies­mal noch unbeschw­ert als Zeuge ver­lassen: Sil­vio K., ein­er der Teil­nehmer des Musik­abends, war vor weni­gen Monat­en für seine Teil­nahme an ein­er aus­län­der­feindlichen Het­z­jagd im Jahr 1996 lediglich ver­warnt wor­den. Er hat­te bestrit­ten, damals über­haupt am Ort des Geschehens gewe­sen zu sein. In der Woh­nung von David P. war er nun aber tat­säch­lich anwe­send, und seine Erk­lärun­gen im Zeu­gen­stand beurteilt das Gericht als vorsät­zliche Falschaus­sage. Ob dieses Ver­hal­ten ein Nach­spiel haben wird, bleibt abzuwarten.

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