(gh, PNN) Sebastian S.* (24) glaubte sich und seine Freunde am 4. September 2004 von einer Gruppe vermeintlich Rechter bedroht. Bereits während des Konzerts sei es zu Pöbeleien der Kurzhaarigen gekommen. „Als wir gegen 3.30 Uhr nach Hause wollten, blieben sie uns dicht auf den Fersen. Plötzlich hat einer meinem Kumpel Frederik* einen Faustschlag ins Gesicht versetzt“, erzählt der Student auf der Anklagebank. „Ich bin dann in die nahe gelegene Polizeiwache gerannt, um Hilfe zu holen. Aber die Beamten haben gesagt, wir sollen uns selber mit denen einigen.“ Aus Verärgerung über diese Antwort habe er der Radkappe eines Streifenwagens einen Tritt versetzt, gesteht der künftige Sozialpädagoge. „Da haben sie mich sofort zu Boden gedrückt und mir die Hände auf dem Rücken gefesselt. Aus Reflex habe ich um mich getreten. Ich wollte bestimmt niemanden treffen.“
Doch genau das legt die Anklage Sebastian S. zur Last. Und er soll die Polizisten als „Idioten“ und „Nazis“ beschimpft haben. „Die Situation hatte sich einfach hochgeschaukelt“ schätzt der Potsdamer ein. „Ich wollte Unterstützung, die wurde mir nicht gewährt. Da bin ich ausgerastet.“ Am nächsten Morgen erschien Sebastian S. dann reumütig auf der Wache und entschuldigte sich.
„Der Angeklagte war sehr aufgebracht. Er forderte, wir sollten sofort eine Anzeige aufnehmen. Sein Freund sei von Glatzen geschlagen worden“, berichtet ein als Zeuge geladener Polizeibeamter. „Mein Kollege fuhr mit dem Streifenwagen raus. Er hat aber keine Rechtsradikalen gesehen.“ Dem Verletzten sei geraten worden, einen Arzt aufzusuchen und am Morgen, wenn er wieder nüchtern sei, Anzeige wegen Körperverletzung zu erstatten, so der Polizist. „Daraufhin textete uns der Angeklagte, der ebenfalls stark angetrunken war, zu. Auf einmal flitzte er aus der Tür und trat gegen den Streifenwagen.“ Sebastian S. sei nunmehr aufgefordert worden, zurückzukommen, um seine Personalien aufzunehmen. „Er sträubte sich, wir mussten ihn zu Boden ringen. Dabei trat er meinen Kollegen zweimal gezielt in den Rücken.“ Sein ebenfalls als Zeuge gehörter Kollege glaubt inzwischen, Sebastian S. habe ihm „seine Hacken nicht absichtlich in den Rücken geschlagen“. „Der Angeklagte hat aber billigend in Kauf genommen, dass er jemanden trifft“, befindet die Richterin. Das Urteil: 600 Euro Geldstrafe wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung (*Namen geändert).