Marquardt — Einer habe nur gesehen, dass es „gestaubt hat“. Einer sei gar nicht da gewesen. Einer könne sich nicht erinnern. Und die anderen drei sagen zur Sache gar nichts.
Am ersten Tag im Prozess um den Überfall einer Horde Schläger auf eine Hochzeitsgesellschaft, die Anfang Juli 2006 im Potsdamer Schloss Marquardt feierte, haben die sechs Angeklagten zur Beweisaufnahme so gut wie nichts beigetragen. Ob ihnen das nützt, ist allerdings fraglich – mehrere Zeugen haben Angeklagte wiedererkannt, ein bei dem Angriff verletztes Opfer belastet ausgerechnet den Mann, der in der Nacht zum 2. Juli 2006 überhaupt nicht am Schloss gewesen sein will. Für die gestern im Amtsgericht Potsdam gehörten Hochzeitsgäste und erst recht für den Bräutigam ist der Schrecken noch lange nicht verdaut. „Jetzt kommt alles wieder hoch“, sagt der damals frisch verheiratete Berliner Arzt nach seiner Befragung durch Richterin und Anwälte. Er bittet darum, dass sein Name nicht in der Zeitung erscheint.
Zuvor hat Staatsanwalt Carsten Krause die Anklage in dem Fall vorgetragen, der im Sommer 2006 über Brandenburg hinaus Aufsehen erregte und als weiteres trauriges Beispiel fremdenfeindlicher Haudrauf-Mentalität gilt. Krause hält zunächst Meik W., René B. und Sven C. vor, sie hätten gegen 3 Uhr die Feiernden heimgesucht. „Das ist unser Dorf“ und „die Fremden“ müssten verschwinden, soll das Trio geäußert haben. Dann wurden laut Anklage mehrere Gäste geschlagen. Nach zehn Minuten seien die drei Angeklagten gegangen – und eine Viertelstunde später mit Verstärkung vom nahen Dorffest zurückgekehrt: Krause nennt die Angeklagten Holger W., Mike S. und Andy C., den jüngeren Bruder von Sven C. Ursprünglich wurde gegen zwölf Tatverdächtige ermittelt, doch nur bei der Hälfte reichte es für eine Anklage.
Beim zweiten Angriff sollen die sechs Männer erneut Hochzeitsgäste geprügelt haben. Die Feiernden hätten sich vor Angst in das Innere des Schlosses zurückgezogen und eingeschlossen, sagt der Staatsanwalt. Die Angeklagten sollen dann auf der Terrasse gewütet haben: Zwei Partyzelte wurden zerstört, der Grill sowie Bänke und Tische umgeworfen, das Geschirr ging zu Bruch. Danach war Schluss.
Einer der Gäste erlitt einen Trommelfellriss, andere kamen mit blauen Flecken davon. Die Tatvorwürfe lauten Nötigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Nach Informationen dieser Zeitung sind einige Angeklagte vorbestraft und waren damals nur zur Bewährung auf freiem Fuß.
Der Älteste der sechs Angeklagten ist 36, der Jüngste 26 Jahre, drei haben Kinder. Meik W. nennt als erlernten Beruf „Kopfschlächter“ (bei Tieren), ist aber wie drei weitere Angeklagte arbeitslos. Das Motiv des doppelten Überfalls ist nicht ganz klar: Wurde die Hochzeitsgesellschaft attackiert, weil sie vor allem aus „Wessis“ bestand und zudem eine Band vom Balkan spielte? Am 13. September wird der Prozess fortgesetzt, noch in diesem Monat soll er enden.