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Anschlag auf Gedenkstätte im Belower Wald

BELOWER WALD — Die Täter kamen in der Nacht zum Don­ner­stag. Sie schlu­gen die Scheiben hin­ter den Git­ter­stäben ein und war­fen zwei Brand­sätze. Sie beschmierten die Gedenkstele und den Platz vor dem Muse­um des Todes­marsches im Below­er Wald (Ost­prig­nitz-Rup­pin) mit Nazi-Sym­bol­en und ein­er anti­semi­tis­chen Parole.


Wo im Früh­jahr Josef Ribo aus Israel seinen Töchtern zeigte, welch­es Mar­tyri­um er als 13-Jähriger auf dem Marsch vom KZ-Sach­sen­hausen in den Below­er Wald erlebte, sind nun die Wände rußgeschwärzt. Die Decke hat sich durch die enorme Hitze gelöst, Ausstel­lungsstücke sind ver­bran­nt. Ein Raum ist völ­lig ver­wüstet. Das Muse­um, das jährlich von rund 4000 Men­schen besucht wird, erin­nert daran, dass an dieser Stelle im April 1945 rund 16 000 KZ-Häftlinge auf Todesmärschen lagerten. 

 

Die Muse­um­lei­t­erin Antje Zeiger war noch in der Nacht von der Polizei von dem Bran­dan­schlag informiert wor­den. Um 1.11 Uhr wurde beim Wach­schutz der Alarm aus­gelöst. Rund 20 Minuten später waren der Wach­mann und die Polizei vor Ort und began­nen mit den Löschar­beit­en. Wenig später traf die Witt­stock­er Feuer ein, die gegen 1.30 Uhr alarmiert wor­den war. Gegen zwei Uhr war das Feuer gelöscht. Das Gelände wurde abges­per­rt, die Polizei begann sofort mit der Spurensicherung. 

 

Der Witt­stock­er Bürg­er­meis­ter Lutz Schei­de­mann (FDP) war bere­its am frühen Vor­mit­tag vor Ort. Seine Gefüh­le, als er die Zer­störung sah: “Wut und sog­ar Hass auf Men­schen, die so etwas tun kön­nen.” Auch der Ost­prig­nitz-Rup­pin­er Lan­drat Chris­t­ian Gilde war fas­sungs­los. Er legte gestern einen Blu­men­strauß an der Stele nieder. 

 

“Ich bin entset­zt und voller Wut”, sagte Gün­ter Mosch, Direk­tor der Stiftung Bran­den­bur­gis­che Gedenkstät­ten. Einen ver­gle­ich­bare Tat habe es seit dem Anschlag auf die jüdis­che Baracke im KZ Sach­sen­hausen vor zehn Jahren nicht gegeben. Auch Peter Fis­ch­er, Vertreter des Zen­tral­rates der Juden, war vor Ort. Ent­lang der Todes­marschstrecke habe es bere­its Anschläge gegeben, sagte er. 

 

Gegen 14.20 Uhr traf Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck ein. Unvorstell­bar sei die Men­schen­ver­ach­tung bei den Todesmärschen gewe­sen”, sagte er. Men­schen­ver­ach­t­end nan­nte er auch den Anschlag: “Wir wer­den das nicht im ger­ing­sten hin­nehmen. Ich bin sich­er, dass wir die Täter find­en.” Es werde mit aller gebote­nen Härte und allen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln vorgegangen. 

 

Das Muse­um des Todes­marsches liegt rund zehn Kilo­me­ter nördlich von Witt­stock. Die Stadt war erst kür­zlich durch den Mord an einem Aussiedler im Ort­steil Alt Daber in die Schlagzeilen gekom­men. Ein frem­den­feindlich­er Hin­ter­grund wurde nicht aus­geschlossen. Im Anschluss kam es zu gewalt­täti­gen Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen jun­gen Aussiedlern und Rechtsradikalen. 

 

Das Witt­stock­er Aktions­bünd­nis “Couragiert gegen Rechts”, mit dem Super­in­ten­den­ten Heinz-Joachim Lohmann an der Spitze, und der Witt­stock­er Bürg­er­meis­ter riefen noch gestern zu ein­er Demon­stra­tion am Muse­um des Todes­marsches auf. “Jet­zt reicht es. Wir wollen keine Recht­en mehr in der Stadt haben”, sagte Lutz Schei­de­mann. Unter diesem Titel wollen die Witt­stock­er heute ab 13 Uhr gegen Recht­sradikalis­mus demon­stri­eren und ihre Betrof­fen­heit über den Anschlag zum Aus­druck bringen. 

 

 


Todesmarsch-Museum

 

Das Muse­um im Below­er Wald erin­nert daran, dass im April 1945 ein pro­vi­sorisches Lager mit 16 000 Häftlin­gen der Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen und Ravens­brück ent­stand. Die Häftlinge waren von den NS-Befehlshabern vor den her­an­rück­enden Alli­ierten auf Todesmärschen geschickt worden. 

 

Schon im Som­mer 1945 begann auf Ini­tia­tive von Über­leben­den die Suche nach sterblichen Über­resten von Opfern, um sie ehren­voll bestat­ten zu kön­nen. Später wur­den ent­lang der Todes­marschstreck­en zum Gedenken Fin­d­linge aufgestellt. Seit 1976 markieren 200 Gedenk­tafeln die vier Haup­trouten zwis­chen Oranien­burg-Sach­sen­hausen und Raben-Ste­in­feld südlich von Schwerin. 

 

1981 eröffnete die DDR das Muse­um des Todes­marsches. In der ständi­gen Ausstel­lung sind neben Doku­men­ta­tio­nen auch viele von den Häftlin­gen im Below­er Wald zurück­ge­lassene Gegen­stände zu sehen.

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