Mit dem gestrigen Stadtgerücht, dass im Lebensmittelmarkt die Eier ausverkauft seien, hatte sich jemand nur einen Scherz erlaubt. Vier Tage vor der Landtagswahl machten die etwa 250 bis 300 Fürstenberger, die zur Veranstaltung mit Matthias Platzeck auf den Marktplatz gekommen waren, eher den Eindruck, geschlossen hinter der Politik zu stehen, die der
Brandenburger Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat verkörpert. Geklatscht wurde mehrmals, sogar als Reaktion auf den Platzeckschen Aufruf “Wählen Sie Lothar Kliesch mit Ihrer Erststimme!”. Da störten auch die paar Protest-Plakate nicht, die sich ohnehin nicht gegen die Person des Ministerpräsidenten richteten. Der zeigte sich gestern zweifellos wieder als Sympathieträger seiner Partei — ruhig, verständnisvoll und — wie viele fanden — ehrlich.
Er erlebe den spannendsten Wahlkampf seit 1990 in Brandenburg, der durch eine emotional angespannte Atmosphäre gekennzeichnet sei. Dass die Menschen, die oft keine Perspektive sehen, ihren Unmut und ihre Wut rauslassen, finde er richtig, und es sei ihm auch völlig wurscht, an welchem Wochentag demonstriert werde. Aber: Es seien Demo-Bilder aus Brandenburg von den Medien gezeigt worden, die dem Land schaden. Deshalb sein Appell: “Respekt und Anstand haben auch in schwierigen Zeiten ein Zuhause, und das ist Brandenburg. Dieses Signal müssen wir aussenden.”
Einzige Ursache für die Probleme in Deutschland sei die Massenarbeitslosigkeit, so Platzeck. “Die ist entstanden, weil 20 Jahre lang nicht reformiert worden ist. Kohl hatte 16 Jahre Zeit und hat nichts gemacht. Auch wir Sozialdemokraten haben uns nicht mit Ruhm bekleckert und gewartet, bis die Rentenkassen leer und die Krankenkassen fast ausgeblutet waren. Jetzt spüren wir, dass man nicht alle Felder auf einmal reformieren darf. Aber noch länger zu warten wäre nicht zu verantworten gegenüber unseren Kindern und Enkeln. Ich stehe ganz persönlich für diese Erneuerung Deutschlands.” Auch dafür gab′s Beifall.
Platzeck fordert die gleiche Höhe des Arbeitslosengeldes II in Ost und West und berichtete, dass Minister Clement nun bereit sei, sich Anfang 2005 in der Monotoring-Gruppe mal die Lebenshaltungskosten auflisten zu lassen. Nach seiner Rede sprach Platzeck mit Bürgern.