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Anstossen auf den Anfang vom Ende der Barbarei

40 Antifaschis­ten feierten gestern in Pots­dam den Sieg der Roten Armee bei Stalingrad

Trotz Regens fan­den sich am gestri­gen Son­ntag Nach­mit­tag rund 40 vor­wiegend jugendliche Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten vor dem sow­jetis­chen Ehren­mal auf dem Pots­damer Bass­in­platz ein, um unter dem Mot­to „Was wir
vergessen, ver­rat­en wir“ dem Aufruf der Pots­damer Jugen­dan­tifa­gruppe progress [antifas­cist youth] zu fol­gen, und das 61. Jubiläum des Sieges bei Stal­in­grad würdig zu begehen. 

„Durch ein tech­nis­ches Prob­lem müssen wir dies­mal lei­der auf eine Anlage verzicht­en“, sagte Bas­t­ian Leit­may­er, Mit­glied von progress, an die Kundge­bung­steil­nehmer gerichtet. Anschließend ver­las er den Rede­beitrag (siehe unten), der die nicht zu unter­schätzende Außen­wirkung des Sieges bei Stal­in­grad her­ausstellte, und ihn als den Anfang vom Ende der Bar­barei“ charak­ter­isierte. Ausser­dem richtete er sich entsch­ieden gegen die geschichtsver­fälschende Gle­ich­set­zung von
Wehrma­cht und Rot­er Armee, und machte auch noch ein­mal auf den Zusam­men­hang zwis­chen preussis­chen Ide­alen, wie sie heute unver­hohlen von den Deutschen ange­priesen wer­den, und dem Nation­al­sozial­is­mus aufmerksam. 

Nach der Schweigeminute für die Opfer des deutschen Wahns – Jüdin­nen und Juden, Sin­ti und Roma, Kom­mu­nistin­nen und Kom­mu­nis­ten, und nicht zulet­zt die bei Stal­in­grad gefal­l­enen Sol­dat­en der Roten Armee – wur­den Blumen
vor den sow­jetis­chen Ehren­mal abgelegt, um anschließend mit Vod­ka und Krim­sekt die Ver­anstal­tung ausklin­gen zu lassen. 

In ein­er Pressemit­teilung vom 26.01.04 brachte Sarah Paschke, Press­esprecherin von progress, dass Anliegen der Ver­anstal­ter auf den Punkt: „Wir wer­den es unter keinen Umstän­den kri­tik­los hin­nehmen, dass die deutsche
Geschichtss­chrei­bung Henker und Erhängte eins wer­den lässt. Den alli­ierten Befreiern gilt unser aufrichtiger Dank, den nation­al­sozial­is­tis­chen Mördern und deren
aktuellen Reha­bil­i­tanden unser Kampf.“ 

Am Rande der Ver­anstal­tung wiesen Vertreter der Autonomen Antifa Nor­dost [AANO] noch auf die unauswe­ich­liche Kon­se­quenz des Nation­al­sozial­is­mus hin: auf einem weiss­blauen Trans­par­ent kon­nte man lesen „Sol­i­dar­ität mit Israel. Für den Kommunismus“. 

Rede­beitrag

Liebe Fre­undin­nen und Fre­unde, Liebe Genossin­nen und Genossen,

wir haben uns heute hier getrof­fen um an den Sieg der Roten Armee in
Stal­in­grad zu erin­nern, um diesen Sieg zu feiern und um der Men­schen zu Gedenken,
die im Kampf gegen die Deutschen ihr Leben verloren. 

Am 2. Feb­ru­ar 1943 — mor­gen vor 59 Jahren — kapit­ulierten in Stal­in­grad die
Reste der 6. Armee unter Gen­er­alfeld­marschall Paulus. Ihr Weg gen Osten, der
eine Spur der Ver­nich­tung hin­ter­ließ, war zu Ende. 

Stal­in­grad, das war bis zu den ver­heeren­den Kämpfen im Win­ter 1942/1943 eine
Indus­tri­es­tadt an der Wol­ga. Stal­in­grad wurde in diesen Kämpfen zum Symbol.
Es wurde zum Sym­bol erfol­gre­ichen und opfer­re­ichen Kampfes gegen die
Deutschen. Es wurde aber auch zu einem Sym­bol des bedin­gungslosen Zusam­men­halts der
Ange­höri­gen der deutschen Ver­nich­tungs­maschiner­ie und ihrer Führung. Die
Deutschen gaben den Kampf erst auf, als sie in Massen zu ver­hungern und zu
erfrieren began­nen, als sie ganz ein­fach die physis­che Fähigkeit ver­loren den Kampf fortzuset­zen. Das gab einen Vorgeschmack darauf, dass noch in den Trüm­mern von Berlin für den End­sieg gekämpft wer­den sollte. Stal­in­grad wurde zum Sym­bol für die Notwendigkeit, den Kampf gegen den Nation­al­sozial­is­mus mit aller
Härte zu führen. 

Der Sieg von Stal­in­grad gab allen AntifaschistIn­nen weltweit, ob es sich um die in den KZs zusam­mengepfer­cht­en Men­schen aus ganz Europa han­delte, um Kom­mu­nistIn­nen oder Mit­glieder des englis­chen Königshause — um nur einige zu nen­nen — die Hoff­nung, dass der deutsch­er Ver­nich­tungs- und Eroberungskrieg been­det wer­den kann. Es war ein Sym­bol der Hoff­nung, der Hoff­nung auf ein Ende von Ver­nich­tung und Zer­störung, der Hoff­nung auf Frieden und Freiheit. 

Hier in Pots­dam schlossen am 1. März 1933 die tra­di­tionellen preussis­chen und die neuen nation­al­sozial­is­tis­chen Eliten ein Bünd­nis, dass durch den berühmten Händ­e­druck zwis­chen Hin­den­burg und Hitler besiegelt wurde. Hier in Pots­dam beschlossen im Som­mer 1945 die siegre­ichen Alli­ierten, welche Ord­nung sie Europa nach dem Zweit­en Weltkrieg geben woll­ten. Es sollte dies eine Ord­nung sein, die den Deutschen ein erneutes Überziehen Europas mit Tod und Ver­nich­tung verun­möglichte. Ein Gegen­teil der Ord­nung, um deretwillen Hin­den­burg und Hitler sich die Hand reicht­en. Dazwis­chen liegt Stalingrad. 

Hier in Pots­dam wid­men sich neben faschis­tis­chen Offizieren auch sozialdemokratis­che Funk­tionäre, die evan­ge­lis­che Kirche und der Indus­trieclub Pots­dam dem Wieder­auf­bau des Sym­bols des erfol­gre­ichen Auf­stiegs der Nation­al­sozial­is­ten — der Gar­nison­skirche. Nun kön­nte man zynisch behaupten, dass es sich bei diesen Leuten um die “am meis­ten aggres­siv­en und am meis­ten chau­vin­is­tis­chen Kreise”, von denen der Genosse Dim­itroff sprach, han­dele. Doch es ist schlim­mer: das ist die deutsche Zivilge­sellschaft. Die deutsche Zivilge­sellschaft — das sind die Leute, die aus dem Eingeständ­nis, dass “in deutschem Namen” Ver­brechen began­gen wur­den und dem Fakt, dass es den Deutschen im Großen und Ganzen gelang, für ihre Ver­brechen wed­er zur Rechen­schaft gezo­gen zu wer­den noch materiellen Ersatz leis­ten zu müssen moralis­chen Prof­it ziehen. 

Deshalb kon­nten sie die Bom­bardierung Jugoslaw­iens mit Auschwitz rechtfertigen. 

Deshalb kön­nen sie die mil­itärischen Oper­a­tio­nen von Deutsch­land über­fal­l­en­er Staat­en mit dem deutschen Ver­nich­tung­shan­deln gle­ich­set­zen, wie zulet­zt im Falle der Roy­al Air Force geschehen. 

Deshalb kön­nen in Pots­dam die sel­ben Stadtverord­neten von CDU bis PDS, die ein Denkmal für die aus den Län­dern Ost€pas aus­ge­siedel­ten NS-Kol­lab­o­ra­teure — die soge­nan­nten >Ver­trieben< — gebil­ligt haben alljährlich am 8. Mai Kränze am Sow­jetis­chen Ehren­fried­hof abwerfen. 

Das nen­nen sie dann >Ver­söh­nung über den Gräbern<. Diese Ver­söh­nung, die die deutsche Schuld eineb­net ver­höh­nt jene Men­schen, die kein Grab haben — jene, die von den Deutschen als Juden ver­nichtet wur­den, die Opfer des deutschen Ver­brechens wur­den, für das der Name Auschwitz steht. 

Es kann keine Ver­söh­nung geben! Gegen die Apolo­geten des deutschen Ver­nich­tungskrieges ist das Andenken an die BefreierIn­nen Europas vom Nation­al­sozial­is­mus gerichtet. Es gilt unver­söhn­lich an der Unter­schei­dung zwis­chen den nation­al­sozial­is­tis­chen deutschen Ver­brech­ern und jenen, die deren Tun gewalt­sam been­de­ten, festzuhal­ten! Stal­in­grad ist das ewige Sym­bol dieses siegre­ichen antifaschis­tis­chen Kampfes. 

Für uns als Linke gilt es die Notwendigkeit des Kampfes gegen Deutsch­land zu vertei­di­gen. Jenen Linken, die meinen, man könne mit der Roten Armee, der Roy­al Air Force und anderen nicht sol­i­darisch sein, da es sich nicht um rev­o­lu­tionäre Massen, son­dern um die Armeen von Nation­al­staat­en han­delte, ist ent­ge­gen­zuhal­ten, dass die endgültige Ver­nich­tung des Nation­al­sozial­is­mus mit all
seinen Wurzeln die Bedin­gung für die Rev­o­lu­tion darstellt. Stal­in­grad ist und beleibt das Sym­bol des siegre­ichen antifaschis­tis­chen Kampfes. Es bleibt das Sym­bol für das Scheit­ern der deutschen Ambi­tio­nen auf Weltherrschaft. Es bleibt das Sym­bol für den Zwang, den Kampf mit aller notwendi­gen Härte zu führen. 

Keine Friede mit Deutsch­land! Ruhm und Ehre den Kämpfern gegen den Faschis­mus! Darum lasst uns nun in gedenken an die Opfer der nation­al­sozial­is­tis­chen Bar­barei eine Schweigeminute ein­le­gen. Anschließend kön­nt Ihr die Blu­men auf dem Fried­hof niederlegen.

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