POTSDAM “Was war denn das eben?”, erkundigt sich eine ältere Dame aufgebracht. “Das waren Linke. Die haben sich als Wandergruppe angemeldet und dann einfach ihre Show abgezogen”, antwortet die Frau von der Security. “Ich finde das ja unpassend. Hoffentlich werden die nachher alle weggekascht”, sagt die Seniorin, schüttelt den Kopf und geht weiter.
Als am Samstag viele Tausend Menschen in Potsdam den alljährlich stattfindenen Brandenburgtag feierten, nutzten lokale AntirassistInnen das Durcheinander für eine Protestaktion. Der Brandenburgtag wurde von einem Dampfer auf der Havel aus eröffnet. Potsdams Bürgermeister Jann Jacobs begrüßte die Menschenmassen, die sich am Ufer versammelt hatten in “unserer freundlichen und weltoffenen Landeshauptstadt.” Hinter dem Bürgermeister-Dampfer folgte ein großer Korso mit geschmückten Schiffen.
Nach wenigen Minuten kamen für die Brandenburgtag-BesucherInnen sechs Ruderboote in Sicht. Auf allen war per Transparent je ein Wort angebracht — zusammen ergänzten sich die diese zur Losung “Brandenburg: Zwischen traditionellem Rassismus und High-Tech-Abschiebung”. Vor laufenden Kameras wurde über ein Megafon eine Rede verlesen — im Hintergrund tönte dazu die zackige Musik eines in preußischen Armeeuniformen ausstaffierten Blasorchestors. An Land verteilten weitere Antiras Flugblätter. Als “tolerant und weltoffen” feiere sich beim Brandenburgtag die politische Oberschicht selbst, hieß es darin. “In Wirklichkeit unterstützt das Land eine rassistische, menschenverachtende Politik gegenüber Flüchtlingen.” Es wurde auf die Diskriminierung von Flüchtlingen durch die Residenzpflicht — “die ihr historisches Vorbild im ehemaligen Apartheidregime Südafrikas hat” — hingewiesen. An Fallbeispielen wurde desweiteren gezeigt, dass Brandenburgs Behörden Deportationen durchführen, in Länder abschieben, in denen “Folter, Hunger und Tod” drohen, dass Familien auseinandergerissen werden.
Wie bei einer ähnlichen Aktion im Juli bei der 750-Jahrfeier Frankfurt/Oders hatten sich die Potsdamer Antiras für den Bootskorso unter falschem Namen angemeldet, den OrganisatorInnen der Feier also einen Streich gespielt. Wie schon in Frankfurt klappte die Aktion ohne größere Probleme: Die Sicherheitskräfte hielten sich zurück, das Publikum reagierte teils konsterniert, teils ablehnend, manche begrüßten die Aktion aber auch.
Auf der Webseite des Brandenburg-Tags unter brandenburg-tag.brandenburg.de/ finden sich weitere offizielle Infos zum Programm der Landesfeier. Weiterhin lohnt ein Blick auf die Seiten des RBB