FRANKFURT/ODER Der 750. Geburtstag von Frankfurt (Oder) wurde am letzten Samstag von über 50.000 Menschen Menschen mit einem Festumzug durch die Innenstadt gefeiert. Darunter waren auch rund 30 AktivistInnen antirassistischer Gruppen aus dem Land Brandenburg — Diese hatten sich für die Jubiläumsfeiern eine Überraschung besonderer Art ausgedacht: Als fiktive Trommelgruppe “Drum Fever” aus Mainz hatten sich die Antiras im Vorfeld in den offiziellen Umzug eingeschlichen, “weil Mainz um den Frankfurtern zu ihrem Jubiläum gratulieren möchte”.
Mehr schlecht als recht trommelnd liefen die AktivistInnen anfangs im Zug mit — ausstaffiert mit Schildern wie “Mainz grüßt Frankfurt” oder “Alles Gute” wurde kein Verdacht geweckt. Nach einigen hundert Metern begann erst die eigentliche Aktion. Die Gruppe stoppte vor den Augen hunderter ZuschauerInnen am Straßenrand mitten im Zug, wechselte die bunten Klamotten gegen scharze Trauerkleidung, das “Lied vom Tod” wurde mit penetranter Lautstärket gespielt. Auf den eigens präparierten Schildern prangten nun plötzlich Slogans wie “Abschiebung ist Mord” und “Kein Mensch ist Illegal”, ein Sarg wurde getragen, eine Rede verlesen.
Auf Flugblättern erklärten die AntirassistInnen ihre Aktion: In Frankfurt (Oder) werden MigrantInnen auf der Ausländerbehörde immer wieder diskriminiert und seien rassistisch motivierten Kontrollen durch den BGS ausgesetzt. Der selbstgewählte Slogan “Freundliches Frankfurt” passe also beileibe nicht auf die Grenzstadt. So wurden etwa die ersten Busse mit polnischen BesucherInnen nach der Grenzöffnung mit Steinen beworfen. Frankfurt stehe auch als Symbol für Festung Europa. Hier, an der Oder-Neiße-Grenze nach Polen, kommen immer wieder Flüchtlinge beim Versuch ums Leben, nach Deutschland zu gelangen. Die Antiras erklärten: “Wir wollen den Leuten nicht den Spaß am Umzug verderben. Aber dass hier Menschen systematisch diskrimiert werden, dass Menschen hier ums Leben kommen, das muss einfach gesagt werden. Die Stadt feiert ihre Geschichte völlig unreflektiert ab, wir zeigen die andere Seite der Medaille.”
Die verblüfften Ordner beim Festumzug griffen gegen die AktivistInnen nicht ein, diese konnten also ungestörtdie gesamte Wegstrecke ablaufen, an tausenden BesucherInnen vorbei, sowie an einigen Live-Fernsehkameras und an der Bühne mit den Promis aus Stadt- und Landespolitik. Einige Male wurde den Antiras applaudiert, viele Gäste äußerten sich aber mißbilligend über die Aktion. “Den BGS wollen die abschaffen? Großer Schwachsinn. Wer hat diesen Idioten denn erlaubt, hier mitzulaufen?”, wunderte sich ein Mann. Eine Frau bemerkte: “Oh, das sind wohl Autonome.”