Die bisherigen Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen (RAA) wechseln Träger und Namen. Gestern wurde als Nachfolger das neue Brandenburgische Institut für Gemeinwesenberatung »demos« aus der Taufe gehoben, das laut Vorsitzendem Wolfram Hülsemann gegen Demokratiebedrohung und soziale Apathie zu Felde ziehen will. Gleichzeitig wurde eine Vereinbarung mit Bildungs-Staatssekretär Burghard Jungkamp (SPD) unterzeichnet.
Übernommen werde von den früheren mobilen Beratungsteams (MBT) die »Arbeit in der Furche«, sagte Hülsemann. Die neue Form der Tätigkeit im Rahmen eines Instituts sei gewählt worden, weil auf diese Weise »andere Ansprechpartner« gewonnen werden könnten. Von den Feuerwehreinsätzen in »Problemzonen« müsse zu mehr Prävention übergegangen werden.
Träger für das Institut ist der Verein »Demokratie und Integration Brandenburg«, dessen Vorsitzender Alfred Klein, früherer Rektor der Universität Potsdam, das unzureichende Engagement brandenburgischer Hochschulen bei der Verteidigung demokratischer Kultur kritisierte, sich aber durch das Institut eine Änderung erhofft.
Jungkamp verwies auf die »erfreuliche Bilanz« der RAA und MBT in den vergangenen acht Jahren. Sie hätten den »Hass auf andere Völker« wirkungsvoll bekämpft, was in der jüngst veröffentlichten Studie »Jugend in Brandenburg« bestätigt worden sei. Rechtsextremismus und Gewaltbereitschaft hätten unter den brandenburgischen Jugendlichen an Boden verloren, wenn auch ein »kleiner, harter Kern noch nicht auf dem rechten Weg ist«, wie der Staatssekretär sagte. Der Einsatz der Landesregierung für das Handlungskonzept »Tolerantes Brandenburg« bleibe erhalten. In den vergangenen drei Jahren habe sie je 775 000 Euro zur Verfügung gestellt, vorher seien es 660 000 Euro pro Jahr gewesen. Dennoch beklagte Institutsleiter Hülsemann mangelnde Geldmittel, die es nicht gestatten würden, den Mitarbeitern Weihnachts- und Urlaubsgeld oder Überstunden zu bezahlen.
Skeptisch äußerte sich die Linkspartei-Fraktion. Sie befürchtet, dass die Eingliederung der mobilen Beratungsteams in das neu gegründete Institut »die erprobte, regional wichtige und effektive Arbeit vor Ort« gefährde.
Für das Innenministerium bedankte sich Staatssekretär Eike Lancelle (CDU) für die Arbeit der Mitarbeiter im Kampf gegen »Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft«. »Kurzfristig dokumentierbare Erfolge« seien auf diesem Feld nicht zu erwarten, dafür würde sich Beharrlichkeit auszahlen. Interventionismus reiche nicht aus, bestätigte Alfred Klein. Das neue Institut müsse seine Arbeit auch daran ausrichten, dass Brandenburg Menschen verliere und der Zusammenhalt in Dörfern und kleinen Städten schwinde.
Dabei waren in den Anfangstagen der Regierungskoalition durchaus andere Töne zu hören, als Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) mit Lancelle an seiner Seite
seinen »Präventionsrat« als Gegenprojekt zum Handlungskonzept »Tolerantes Brandenburg« in Stellung brachte.
Trotz alledem ist Brandenburg mit wachsender extremistischer Kriminalität konfrontiert. Nach Angaben des Innenministeriums stieg die Zahl rechtsmotivierter Straftaten im ersten Halbjahr 2006 auf 629. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 506 Fälle.