Viola Weinert aus Kostebrau schreibt zum Beitrag «Asylbewerber erstochen» (RUNDSCHAU vom 8. Juni)
Der Maler Heinrich Zille hat zu Beginn des vorigen Jahrhunderts den Satz
geprägt: Man kann einen Menschen mit einer Axt erschlagen, man kann ihn aber
auch mit einer Wohnung erschlagen. Gemünzt war dies auf die
menschenunwürdigen Wohn- und Lebensbedingungen in Berliner Mietskasernen.
Wenn heute allenthalben Mitgefühl bekundet wird mit dem in Bahnsdorf
getöteten afghanischen Asylbewerber, dann sollten sich insbesondere die
Verantwortlichen im Landkreis diesen Satz in Erinnerung rufen. Wer Menschen
derart kaserniert und isoliert wie die Asylbewerber in Bahnsdorf, der muss
sich nicht wundern, dass es zu Gewaltausbrüchen kommt. Die verantwortlichen
Politiker müssen sich fragen lassen, ob sie das Menschenmögliche getan
haben, um den Asylbewerbern ein Dasein zu ermöglichen, wie es der
grundgesetzlich verbrieften Würde des Menschen entspricht.
Wenn sich der Landrat zum Beispiel mit dem Verweis auf die Gesetzeslage bis
heute weigert, Bargeld statt Gutscheine an die Asylbewerber austeilen zu
lassen, dann schöpft er den vorhandenen gesetzlichen Spielraum nicht aus.
Das Asylbewerberleistungsgesetz lässt die Zahlung von Bargeld an Stelle von
Sachleistungs‑, Gutscheingewährung oder sonstigen unbaren Abrechnungen an
Flüchtlinge außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen durch die zuständigen
Behörden ausdrücklich zu. Der Landkreis könnte erhebliche Kosten für
Sicherheit und Transport sparen, wenn er sich endlich dazu entschlösse,
Bargeld an die Asylbewerber auszuzahlen. Dies wäre ein Schritt, Spannungen
abzubauen und die Lage der Asylbewerber menschenwürdiger zu gestalten.