RATHENOW Das mit viel Mühe geflochtene Band zwischen der Arbeiterwohlfahrt
(Awo) Havelland, Träger des Asylbewerberheimes am Rathenower Birkenweg und
den Flüchtlingsorganisationen des Landes Brandenburg scheint zerschnitten.
Wie berichtet, hatte die Awo den engen Kontakt mit der Flüchtlingsinitiative
Brandenburg, dem Landesflüchtlingsrat und dem Verein Opferperspektive
gesucht. Am Donnerstag teilten die drei Verbände mit, die Gespräche mit der
Awo seien gescheitert. Sie beschuldigten die Awo, für das Asylbewerberheim
keine personellen Konsequenzen zu ziehen, obwohl das Vertrauen der Bewohner
zur Heimleitung zutiefst gestört sei.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein Urteil des Rathenower
Amtsgerichtes. es hatte in einem Aufsehen erregenden und für die Awo sowie
die Leitung des Asylbewerberheimes äußerst unangenehmen Gerichtsverfahren
festgestellt, dass im Asylbewerberheim Post, die an die Flüchtlinge
gerichtet war, unberechtigt geöffnet wurde.
Die Flüchtlingsorganisationen forderten nach dem Urteil die Absetzung von
Awo-Geschäftsführer Ralf Schröder und die Entlassung oder Versetzung von
Bärbel Pagel, Leiterin des Asylbewerberheimes. Fredi Matthews,
Kreisvorsitzender der Awo, erklärte die Angelegenheit im Januar zur
Chefsache und suchte das Gespräch mit den Flüchtlingsorganisationen. Er
versprach, alles daran setzen, um die Atmosphäre im Asylbewerberheim zu
verbessern. Zwischenzeitlich hatte die Kreisverwaltung, sie ist für die
Unterbringung von Asylbewerbern laut Gesetz in der Verantwortung, der
Arbeiterwohlfahrt eine Abmahnung geschickt mit dem Hinweis, bei einer
weiteren Abmahnung könne der Vertrag zum Asylbewerberheim gekündigt werden.
Matthews richtete Sprechstunden für Asylbewerber ein, initiierte einen
Heimbeirat und lud zu großen Gesprächsrunden mit Flüchtlingen und den
Flüchtlingsorganisationen ein.
Diese forderten weiter personelle Konsequenzen. Die Flüchtlinge im
Asylbewerberheim seien tief verunsichert, das Verhältnis zur Heimleitung sei
gestört. Es gebe kein Vertrauen mehr nach dem Urteilsspruch.
Eine Entlassung der Heimleiterin sei aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht
möglich, hieß es beim Awo-Vorstand. Aber auch eine innerbetriebliche
Versetzung scheint die Awo nicht in Erwägung zu ziehen. Darum ging es bei
dem Gespräch am vergangenen Donnerstag. Wie Vera Everhartz vom
Flüchtlingsrat Brandenburg mitteilte, habe die Awo auf die Frage, ob in
Bezug auf die Heimleitung kurzfristig mit personellen Konsequenzen zu
rechnen sei, erklärt, dies gehe nicht. “Die Awo wollte sich aber auch
langfristig nicht festlegen”, sagte Vera Everhartz. “Vielmehr”, so Everhartz
weiter, “sind sowohl Herr Matthews als auch andere Vorstandsmitglieder der
Awo von früheren Positionen abgerückt, die sie bereits in
Entschuldigungsnotizen eingeräumt hatten”.
Für die Flüchtlingsorganisation habe es darum keinen Sinn, mit Fredi
Matthews weiter zu sprechen. In einer Presseerklärung forderten sie die
Kreisverwaltung erneut auf, die Vergabe des Asylbewerberheimes an die Awo
kritisch zu prüfen.
Fredi Matthews wollte sich nicht weiter zu dem Gespräch vom Donnerstag
äußern. Auf die Frage, ob die Heimleiterin mit Konsequenzen rechnen müsse,
antwortete er ausweichend. Allerdings räumte er ein, “dass die
Gesprächsteilnehmer vom vergangenen Donnerstag schon erkannt haben sollten,
was wir mit der Heimleiterin machen oder nicht machen.” Matthews will weiter
mit den Flüchtlingsorganisationen sprechen: “Ich mache die Tür nicht zu.”