LUDWIGSFELDE Im ehemaligen Lehrlingswohnheim Birkengrund in
Ludwigsfelde
wird gehämmert und gebohrt, zurzeit sind Maler und Elektriker im
Gebäude.
Auch Fahrzeuge vom Fußbodenleger stehen schon vor der Tür. Am 1. März
sollen
die 90 Asylbewerber aus der Baracke nebenan hier einziehen. Das Haus
gehört
dem Kreis und steht seit Eröffnung des neuen Oberstufenzentrums leer.
Für
Martina Lehmann ist alles neu: das alte und das bisherige Domizil. Sie
leitet das Ludwigsfelder Asylbewerberheim erst seit Jahresbeginn. Noch
hat
sie Mühe, Bewohner und Gäste auseinander zu halten, geschweige denn,
dass
sie schon Namen der zum größten Teil aus Afrika Kommenden kennt.
Erfahrung
mit Menschen auf der Durchreise in solchen Heimen hat die 42-jährige
Sozialarbeiterin allerdings: Sie leitete vier Jahre lang das Heim in
Jüterbog. Jetzt lernt sie die Örtlichkeiten kennen und managt neben dem
dienstlichen Umzug den privaten von Jüterbog nach Berlin. Doch kein
Klopfen
an der Tür, keine Bitte der Männer oder der Mitarbeiter und kein
Telefonklingeln bringen sie aus der Ruhe. Zwischendurch schaut sie sich
Schränke an und muss feststellen, dass einige nicht mal mehr ein
Verrücken
überleben würden. “Alle Möbel werden wir nicht mit rüber nehmen können,
aber
einiges muss noch halten”, erklärt sie. Und dann ist da die
Zimmerbelegung:
Die Baracke hat 120 Plätze in Zwei- bis Sechs-Bett-Zimmern, das neue
Domizil
hat ausschließlich Drei-Bett-Zimmer. “Da müssen wir schon ein bisschen
aufpassen und Wünsche berücksichtigen, damit alle miteinander klar
kommen”,
sagt Martina Lehmann. Aber eines weiß sie schon genau: “Es wird dort
drüben
auf jeden Fall ruhiger — das Haus hat dicke Wände.” Im Gegensatz zur
Baracke, wo man laute Worte auch noch zwei Zimmer weiter hört.
Illusionen
über die Hilfe der Asylbewerber selbst beim Umziehen und Einräumen hat
sie
keine: “Wer gerade kommt, bringt vielleicht noch Elan mit. Aber wer
sieht,
dass er keine Chance hat hierzubleiben und weiß, dass es für ihn zurück
geht
…” Einige warten schon zwei Jahre nach Ablehnung ihres Asylantrags
auf
Heimkehr. “Das kann es geben wenn der Pass fehlt und die Identität
nicht
geklärt ist”, sagt Martina Lehmann. Einige der in Ludwigsfelde lebenden
Asylbewerber wohnen seit Eröffnung des Heims 1992 in dieser Baracke.
Beherbergt hatte die schon zu DDR-Zeiten Ausländer: vietnamesische
Vertragsarbeiter, die ins IFA-Autowerk geholt wurden. Bei
Sicherheitskontrollen, die der Kreis regelmäßig machen lassen muss, war
nun
seit längerem festgestellt worden, dass die Elektroanlage dringend
sanierungsbedürftig ist, dass Wände der Sanitärräume nass sind und
schimmeln. Auch wenn bei den zweitstelligen Minusgraden der zurück
liegenden
Wochen niemand frieren musste — “es ist wirklich nicht mehr zumutbar,
Menschen dort wohnen zu lassen”, sagt Karin Schreiber, Erste
Beigeordnete
des Kreises. 210 000 Euro darf der Umzug ins neue Übergangswohnheim für
Asylbewerber kosten, so viel Geld ist im diesjährigen Kreishaushalt
dafür
vorgesehen.
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