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Auch der Bürgermeister muss zum Gen-Test

Fah­n­dung nach Dop­pelmörder — 5 000 Bran­den­burg­er wer­den überprüft

HERZBERG. Michael Oeck­nigk passt in das Raster. Er ist Jahrgang 59, wohnt in
Herzberg und lebte dort auch schon im Sep­tem­ber 1994 — damals, als im
Zwethauer Wald kurz hin­ter der Lan­des­gren­ze zu Sach­sen die 17-jährige Antje Köhler
und ihre 18 Monate alte Cou­sine Sandy ver­schleppt und später ermordet wurden.
Und weil Oeck­nigk in das Raster der Ermit­tler passt, bekam er im vergangenen
Dezem­ber Besuch. Oeck­nigk, CDU-Bürg­er­meis­ter von Herzberg (Elbe-Elster),
führte die bei­den Polizis­ten aus Sach­sen in sein Wohnz­im­mer. Dort wur­den dem
43-Jähri­gen die Fin­ger­ab­drücke und — mit einem Wat­testäbchen — eine
Spe­ichel­probe abgenommen.

Oeck­nigk kon­nte nach der Analyse des “genetis­chen Fin­ger­ab­drucks”, der aus
seinem Spe­ichel gezo­gen wurde, als Täter aus­geschlossen wer­den. Eben­so jene
anderen Herzberg­er, bei denen die Beamten bere­its in den ver­gan­genen Monaten
mit Wat­testäbchen und Stem­pelkissen auf­taucht­en. Doch ab Dien­stag intensiviert
die Polizei ihre Suche nach dem Dop­pelmörder auch in Bran­den­burg, in
Gemein­den, die in der Nähe der Bun­desstraße B 87 liegen. 5 000 Män­ner der Jahrgänge
1949 bis 1974 aus der Herzberg­er Gegend sind bis Ende der näch­sten Woche
aufgerufen, frei­willig Spe­ichel und Fin­ger­ab­drücke abzugeben. Für die Aktion hat
Bürg­er­meis­ter Oeck­nigk den Fah­n­dern der Son­derkom­mis­sion “Wald”, die die
Mord-Ermit­tlun­gen führt, einen Saal im Rathaus bere­it­gestellt. “Wir wer­den in
Herzberg mit 20 Polizeibeamten arbeit­en”, sagt Soko-Chef Hart­mut Zerche. 

Der größte Massen-Gen-Test in der säch­sis­chen Krim­i­nalgeschichte ist die
let­zte Chance der Ermit­tler, den Dop­pel­mord an Antje Köh­ler und ihrer kleinen
Cou­sine Sandy nach fast neun Jahren doch noch aufzuk­lären. Am 8. Sep­tem­ber 1994
waren die Mäd­chen zusam­men mit Sandys Mut­ter in die Pilze gefahren. Die
17-jährige Antje wollte nahe der B 87 im Auto auf ihre Cou­sine auf­passen. Doch
als Sandys Mut­ter nach 90 Minuten zum Fahrzeug zurück­kam, waren die Mädchen
ver­schwun­den. Sie glaubte zunächst, Antje und Sandy wären selb­st Pilze sammeln
gegan­gen. Nach zwei Stun­den jedoch hielt sie auf der Bun­desstraße, die nach
Bran­den­burg führt, einen Lkw an und bat den Fahrer, die Polizei zu rufen. 

“Damals reg­nete es furcht­bar, was für unsere Spuren­suche ganz schlecht war”,
erin­nerte sich Chefer­mit­tler Zerche. Die Absuche des Waldes blieb erfolglos.
Drei Wochen später fand ein Spaziergänger die stark ver­west­en Leichen der
Mäd­chen in der Nähe von Ham­burg. Die kleine Sandy war mit der Kordel ihrer
Mütze erwürgt wor­den, die Todesur­sache von Anje kon­nte nicht mehr genau
fest­gestellt wer­den. Am Fun­dort der Leichen kon­nten die Ermit­tler Spuren sich­ern, die
nur vom Täter stam­men kon­nten. Auch Fin­ger­ab­drücke wur­den gefunden. 

Im Novem­ber 2001 erstell­ten Experten des Bun­deskrim­i­nalamtes ein Täterprofil
vom Mörder. Erst ein halbes Jahr später gelang es durch verbesserte
wis­senschaftliche Meth­o­d­en, aus den gesicherten Spuren die DNA und damit den
genetis­chen Fin­ger­ab­druck des Täters zu entschlüs­seln. Seit­dem hat die 28 Mann starke
Soko “Wald” Spe­ichel­proben von mehr als 10 000 Män­ner genom­men und zum
größten Teil analysiert, weit­ere 6 000 Spe­ichel­proben aus Bran­den­burg und
Sach­sen-Anhalt kom­men noch hinzu. Im so genan­nten Auss­chlussver­fahren wollen die
Fah­n­der so den Täter find­en. Möglich ist auch, dass sich der Mörder unter dem
größer wer­den­den Druck sel­ber stellt. 

500 000 Euro wird der Mas­sen­gen­test dem Land Sach­sen kosten. Die Höhe sei
gerecht­fer­tigt, wenn man nur an die Opfer und deren Ange­hörige denke, hieß es.

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