Mit deutscher Bratwurst, Bier, Kinderschminken und einem halben Dutzend Nazimusikern organisieren die Naziparteien DVU und NPD am 25. Juni ein Sommerfest in der Schorfheide. Seit nunmehr vier Jahren nutzen die Nazis dafür das Gelände des DVUlers Klaus Mann im Ortsteil Finowfurt.
Das Sommerfest um die sogenannte Sommersonnenwende wird seit über 10 Jahren vom Landesverband der DVU ausgerichtet. Mit der Fusion von NPD und DVU auch im Land Brandenburg sowie dem Übertritt von Mitgliedern und Mandatsträger_innen, wird das Fest in diesem Jahr erstmals offiziell durch den NPD-Kreisverband Barnim-Uckermark ausgerichtet.
Auf der Internetseite des DVU- Landesverbandes heißt es dennoch: „Auch in diesem Jahr organisieren wir wieder ein Sommerfest in der Schorfheide.“ Unterschrieben haben die Einladung Klaus Mann und Bärbel Redlhammer-Raback, beide sind eifrige Befürworter der Parteifusion [siehe auch: Inforiot “NPD von Innen”].
Klaus Mann, Ansprechpartner der DVU für Nordbrandenburg forciert seit Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischen DVU, NPD und Kameradschaften. Sein Gelände in der Schorfheide ist Dreh- und Angelpunkt für parteiübergreifende Aktivitäten [siehe AAB “Pragmatismus im Barnim”]. In den vergangenen Jahren hatten nach eigener Aussage bis zu 500 Gäste an dem Fest teilgenommen.
Nazibands aus Berlin, Brandenburg und Thüringen
Auch in diesem Jahr stehen Familienfestcharakter mit Kinderschminken, Basteln und Hüpfburg und neonazistisch, martialischer Rechtsrock nebeneinander. Für den 25. Juni kündigt die NPD die Band „Legion of Thor“ aus Berlin an, die mittlerweile schon als Haus- und Hofband von Klaus Mann gelten kann. Mann zeigt deutlich seine Verbundenheit mit der Band durch T‑Shirts und diverse Konzerte in den letzten Jahren. Die neonazistische Band ruft in ihren Liedtexten zu Gewalt gegen Migrant_innen auf. Eines ihrer Lieder wurden wegen dem „Aufruf zum Rassenhass“ indiziert [Mehr zur Band bei Oireszene].
Neben dem Liedermacher „Toralf“, der im Juli für die NPD in Oberbayern auftreten soll, werden die beiden Brandenburger Nazibands „Preußenstolz“ aus Potsdam und „Exzess“ aus Strausberg auftreten.
Nach Angaben der Antifa-Recherchegruppe Potsdam ist Sänger von „Preußenstolz“ der Neonazi Patrick Danz. Die Band, die nach eigenen Angaben seit 2007 in wechselnder Besetzung zusammen spielt, sollte 2008 bei einem Konzert für den krebskranken Liedermacher Michael Müller auftreten – am selben Abend wollte man eine CD und DVD für das „Netzradio Germania“ aufnehmen. Die Veranstaltung, die nach dem Verbot in der Schorfheide in die Schönower Dorfkneipe „Alter Dorfkrug“ (Bernau) auswich, wurde von der Polizei aufgelöst.
Die Band „Exzess“ aus Strausberg, deren Drummer Patrick Alf sich 2008 bei den Brandenburger Kommunalwahlen für die DVU aufstellen ließ, trat erstmals auf dem Sampler „Gefahr im Verzug des Neonazilabels „Panzerbär Records“ in Erscheinung. Die junge Band covert gern Lieder der Landser-Nachfolgeband „Lunikoff Verschwörung“. In diesem Jahr soll die Band beim Pressefest der Deutschen Stimme auftreten. Das Fest der NPD-Parteizeitung gilt als der größte Rechtsrockevent in Deutschland. Durch eine Vielzahl von Konzerten in den vergangenen Jahren, unter anderem bei einem NPD-Fest in Biesenthal (Barnim), hat die Band bundesweit an Bedeutung gewonnen.
Die Thüringer Band „KinderZimmerTerroristen“ hält ebenfalls Kontakte zur NPD. Eines der Band-Mitglieder ist Norman Helbing, Schatzmeister der NPD im Kyffhäuserkreis. Die ebenfalls recht junge Band, bewarb 2008 eine Demo-CD im Naziforum Thiazi. Außerdem heißt es, der Sänger sei vorher bei der Band „Celtic Dawn“ gewesen.
Kontinuität des Rechtsrock im Barnim
Als Ort für Rechtsrockkonzerte und neonazistische Feste ist das Gelände in der Schorfheide seit mittlerweile vier Jahren etabliert. Gelegentlich wurden Veranstaltungen durch die Polizei unterbunden oder beendet. Eine wirkliche Handhabe gibt es gegen das Treiben auf dem Privatgrundstück von Mann jedoch nicht. Mit sechs Konzerten im Jahr 2010 ist es nach einer Zählung des Brandenburger Verfassungsschutzes der Veranstaltungsort Nummer 1 für rechte Konzerte im Land.
Auch der Preußentag der NPD am 2. Oktober 2010, mit Nazibands wie „Preußenfront“ aus Bernau oder „Preußenstolz“ aus Potsdam, fand auf dem Gelände in der Nähe der Stadt Eberswalde statt. In den Jahren zuvor fanden die Feste auf Manns ehemaligem Grundstück in Seefeld (Barnim) statt. Neben der Schorfheide, spielen im Barnim der „Alte Dorfkrug“ in Schönow (Bernau) und das Gelände in Biesenthal, das seit 2008 durch die NPD genutzt wird, eine bedeutende Rolle für die Musikszene in Brandenburg.
NMV Versand mit Inhaberwechsel beim Fest dabei
Auch beim Fest vertreten sein wird neben dem Zentralversand von Rene Herrmann, Administrator der Homepage der NPD Barnim-Uckermark, auch der Eberswalder NMV Versand. Der bisherige Inhaber des Versandes, Gordon Reinholz, betreibt im naheliegenden Eberswalde einen Laden für die Naziszene. Immer wieder heißt es, der Laden stehe kurz vor der Pleite. Auch der Versand scheint in der Krise zu stecken, seit Kurzem wird auf der Internetseite des NMV Versand der Joachimsthaler Christian Banaskiewicz als Verantwortlicher geführt. Banaskiewicz, wie Reinholz ehemaliger Aktivist des 2006 selbst aufgelösten Märkischen Heimatschutzes, betreibt die Internetversände „Rockshop66“, „4Skins“ und „FightBack24“.
Sonnenwendfeier als fester Bezugspunkt der Naziszene
Das Datum des Sommerfestes ist wie immer um den 21. Juni gelegt. Die Sonnenwendfeier gilt in der Naziszene als Rückbesinnung auf germanische, heidnische Wurzeln; das Volk sowie Blut und Boden. Nicht zufällig wird daher in der Programmankündigung besonders hingewiesen „Nicht zu vergessen zur Sonnwende die traditionelle Feuerrede.“
Gegenproteste und Wahrnehmung in der Region
Auf Grund der abgelegenen Lage von Manns Grundstück waren antifaschistische Proteste in den vergangenen Jahren wenig konfrontativ. Auch die öffentliche Wahrnehmung blieb beschränkt. Zwar gab es in den Jahren 2008 und 2009 Proteste in Form von Kundgebung und Demonstration, doch ließen sich die Nazis von DVU, NPD und Kameradschaften davon nicht beeindrucken.
Die Gemeinde Schorfheide liegt 20 Kilometer von der Barnimer Kreisstadt Eberswalde entfernt. Eine Demonstration mit 200 Antifaschist_innen, wie wir sie 2009 gemeinsam mit weiteren Brandenburger Gruppen organisiert hatten, hatte im entfernten Eberswalde wenig Wirkung. Während mit Sybille Mann sogar eine DVUlerin in der Gemeindevertretung sitzt, scheint die Gemeinde Schorfheide, genauer der Bürgermeister Uwe Schoknecht, kein Problem mit dem Nazifest zu haben – in der Vergangenheit hatte er sich sogar gegen antifaschistische Gegenproteste vor Ort ausgesprochen.
Antifaschistische Aktion Bernau, Juni 2011.