(Verfassungsschutz Brandenburg, 23.04.2004) Am 21. April fanden in Bernau zwei Demonstrationen statt, die jeweils aufeinander Bezug nahmen. Der rechtsextremistische “Märkische Heimatschutz” (MHS) ging unter dem Motto “Stoppt die Hetze gegen die nationale Opposition” auf die Straße. Die Bernauer Antifa wiederum forderte: “MHS plattmachen”. An beiden Demonstrationszügen nahmen jeweils ca. 120 Menschen teil.
Die Stimmung war auf beiden Seiten überaus gespannt, der Veranstalter der Antifa-Demonstration rief gar zum gewaltsamen Vorgehen gegen den “Gegner” auf. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, ein Aufeinanderprallen der Konfliktparteien zu verhindern.
Stein des Anstoßes war eine Antifa-Veranstaltung über den MHS, die am Abend des 21. April in einem Bernauer Szene-Café stattfand. Seiner “Wortergreifungsstrategie” folgend, nahm der MHS diese Veranstaltung zum Anlass, sich selbst in ein besseres Licht zu stellen und damit den politischen Gegner aus dem Konzept zu bringen.
Von Oranienburg über Strausberg nach Bernau
Die Demonstration in Bernau hat eine Vorgeschichte.
Am 28. Januar hatten eine Handvoll Mitglieder des MHS noch versucht, eine Informationsveranstaltung zum MHS in Oranienburg zu “besuchen”. Sie wurden nicht eingelassen. Im Eingangsbereich des Tagungsraumes kam es zu Rangeleien, im Verlauf derer auch Tränengas zum Einsatz kam. Die Veranstaltung konnte stattfinden, nachdem die Polizei den Rechtsextremisten Platzverweise erteilt hatte.
Am 30. März luden Antifa-Gruppen aus Brandenburg erneut zu einer Informationsveranstaltung über den MHS, diesmal in Strausberg, ein. Die Vertreter des MHS versuchten gar nicht erst, Eintritt zur Veranstaltung zu erzwingen. Vielmehr stellten sie sich in einigem Abstand vor dem Veranstaltungslokal auf und entrollten Transparente, auf denen z.B. stand: “Keinen Fußbreit den Antifa-Banden”.
Vom Wort zur Tat
Auf der Demonstration in Bernau schließlich zeigte der MHS an Wortergreifung kein Interesse mehr. Statt dessen wurde der Antifa auf der rechtsextremistischen Website freier-widerstand.net „Hetze“ vorgeworfen, die “kriminelle Folgen” habe. Informationsveranstaltungen der Antifa, wie die am 21. April in Bernau, dienten zur Planung von Gewalttaten.
So sei es in der letzten Zeit wiederholt zu Anschlägen gegen Einrichtungen “nationaler Sozialisten” gekommen. Insbesondere wurde an Brandanschläge auf Autos von Neonazis erinnert, “die man ganz klar der Antifa zur Last legen” könne. Erst am 28. März war von bislang Unbekannten das Auto des Hamburger Neonazi-Kaders Christian Worch angezündet worden. Er hielt im Anschluss an die Demonstration in Bernau eine Ansprache.
“Dumpfbacken” gegen „geistig Minderbemittelte“
Obwohl sich Antifa und MHS also gegenseitig vorwerfen, durch Propaganda politische Gewalt zu verursachen, bescheinigen sich die beiden politischen Lager jedoch auch wechselseitig geistige Rückständigkeit. Auf der linksextremistisch beeinflussten Website indymedia.org ist von “Bernauer Dumpfbacken” die Rede, die an der MHS-Demonstration teilgenommen hätten, auf der Seite freier-widerstand.net wiederum von “geistig Minderbemittelten” Antifas.
Die Geringschätzung des politischen Gegners zeigt sich auch in der gegenseitigen zahlenmäßigen Wahrnehmung. Während ein Beobachter auf indymedia.org berichtet, 150 „Linke“ hätten in Bernau 80 Neonazis gegenübergestanden, beziffert freier-widerstand.net das Kräfteverhältnis mit 130 MHSlern gegen 40 bis 50 Antifas.
Zur Erinnerung: Die Polizei geht von ca. 120 Teilnehmern auf jeder der beiden Demonstrationen aus.