NEURUPPIN Norbert Arndt hat Probleme damit, den Zettel festzuhalten, auf dem er sich Notizen gemacht hat. Seine Finger zittern ebenso wie seine Stimme. Der Verwalter des Neuruppiner evangelischen Friedhofes ringt mit den Tränen. Sein Blick trifft auf erstarrte Gesichter. Neuruppiner Einwohner lauschen seinen Worten. Sie sind ergriffen.
Eigentlich sollte dies ein Tag der Freude sein, denn das Mahnmal “Ausgeliefert” für die jüdischen Bürger Neuruppins konnte gestern auf dem Friedhof der Öffentlichkeit übergeben werden. Aber Arndt und den rund 100 Gästen war nicht nach Freude zu Mute. Schließlich verbinde sich mit dem Mahnmal eines der dunkelsten Kapitel Neuruppiner Geschichte.
Arndt erinnerte an die vielen Juden, die verfolgt und meist auch deportiert wurden, und warnte davor, den Blick abzuwenden, die Augen vor Hass und Rechtsradikalismus zu verschließen. Mit der von Wieland Schmiedel entworfenen Figurengruppe solle an die dunkle Vergangenheit erinnert werden. Gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse in den USA und des Krieges in Afghanistan sei Rückbesinnung erforderlich. “Der tapfere deutsche Soldat wird wieder politikfähig”, so Arndt. Dies müsse kritisch reflektiert werden.
Dieser Ansicht ist auch Andreas Nachama. Der Vorsitzende der Berliner Ausstellung “Topographie des Terrors” betonte, dass Mord niemals die richtige Antwort auf Terror sein könne. Die demokratisch gesinnten Menschen müssten sich wehren, indem sie aufeinander zugehen.
Viele Neuruppiner zeigten sich glücklich, dass nun endlich der jüdische Friedhof eine “angemessene Umrahmung” gefunden habe. Heinz-Joachim Karau, der sich selbst viel mit der Geschichte jüdischer Bürger beschäftigt hat, hofft, dass Schmiedels Werk ein Stolperstein wird. Der frühere Neuruppiner Pfarrer sieht in den sieben Figuren ein Mahnmal und eine Aufforderung zum Nachdenken über jüdische Geschichte. Erinnern, verstehen, diskutieren: Was sich mit dem Denkmal verbinden soll, lebten gut 150 Gäste bereits gestern Abend in der Aula des Schinkelgymnasiums aus. Sie folgten Historiker-Vorträgen zur Geschichte der Neuruppiner Juden und zur Rolle von Denkmälern in Deutschland.
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