Sie setzt sich auf anschauliche Weise mit den unsichtbaren Grenzen, die für Flüchtlinge gezogen werden und mit ihrer Lebenssituation im Kontext der deutschen Asylgesetzgebung auseinander. Im Rahmen der Ausstellung wird zu zwei Abendveranstaltungen eingeladen, die sich mit den Themen Flucht und Asyl (Filmabend — Do., 11.11.) und der europäischen Migrationspolitik beschäftigen (Vortrag – Mo., 15.11., beide 20 Uhr im quasiMONO).
Dieser Tage wird in der politischen Öffentlichkeit wieder vermehrt über das Verhältnis der Deutschen zu den Zuwanderern räsoniert. Da erklärt uns Thilo Sarrazin, warum Muslime genetisch bedingt einfach dümmer sind als die Deutschen, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder entdeckt ihr Herz für gemobbte deutsche Schüler auf Berliner Schulhöfen und warnt vor Deutschenfeindlichkeit und CSU-Chef Horst Seehofer fordert einen Zuwanderungsstopp für türkisch- und arabischstämmige Menschen, als ob es einen Anwerberstopp 1973 nicht gegeben hätte.
Man fühlt sich zeitweise zurückversetzt in die überwunden geglaubte Zuwanderungsdebatte der 90er Jahre, die nicht selten geprägt war von einem perfiden Rassismus und einer „Das Boot ist voll“-Rhetorik. Das politische Kalkül hinter den getätigten Aussagen der genannten Protagonisten scheint offensichtlich, besonders vor dem Hintergrund der jüngst veröffentlichten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „DIE MITTE IN DER KRISE — Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2010“. Darin wird ein beunruhigender Anstieg antidemokratischer, chauvinistischer und antisemitischer Einstellungen festgestellt und eine Ausländerfeindlichkeit bei 34,4 % der Befragten konstatiert. Solches Denken wird also nicht bekämpft, sondern gezielt aufgegriffen, um Wählerstimmen zu binden.
Schon im Diskurs vor dem Jahrtausendwechsel stilisierten sich die Deutschen gern als Opfer, um ihre Pogromstimmung und Forderungen nach härteren Gesetzen zu rechtfertigen. Eine Gruppe, die in der Debatte der 90er im Mittelpunkt stand, war die der Flüchtlinge und Asylsuchenden. Und sie ist es, die heute, weitgehend vergessen von der breiten Öffentlichkeit, am massivsten unter den damals beschlossenen Restriktionen leidet. An Integration können diese Menschen gar nicht denken, obwohl unter Flüchtlingen und Geduldeten nicht selten hochqualifizierte Menschen zu finden sind, die den beschwerlichen Weg nach Europa mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in Freiheit und Würde verbanden. Mit jahrelang dauernden Asylverfahren und Kettenduldungen werden sie in einem Zustand der Unsicherheit und Perspektivlosigkeit gehalten, der nur schwer zu ertragen ist. So sind Asylsuchende verpflichtet in Flüchtlingsheimen und lagern oft am Rande oder außerhalb von Siedlungsgebieten zu wohnen. Die sogenannte Residenzpflicht verbietet es ihnen, ohne behördliche Erlaubnis den ihnen zugewiesenen Landkreis bzw. das Bundesland zu verlassen. Gutscheinsysteme statt Bargeldleistungen, aber auch Personenkontrollen von als „fremd“ wahrgenommenen Menschen an Bahnhöfen und in Zügen führen zur Markierung von Flüchtlingen und tragen so zur gesellschaftlichen Isolation bei.