POTSDAM. Regierungschef Matthias Platzeck und Sozialminister Günter Baaske (beide SPD) werden von ihrer kommunalen Vergangenheit eingeholt: Als Platzeck noch Potsdamer Oberbürgermeister war und Baaske Sozialdezernent von Potsdam-Mittelmark, da forderten ihre Kommunalparlamente vom Land, sich für einen liberaleren Umgang mit Asylbewerbern einzusetzen. Statt Sachleistungen, wie seit Mitte der 90er-Jahre praktiziert, solle ihnen die Sozialhilfe möglichst wieder bar ausgezahlt werden. Das war 2001 — heute berät das Kabinett erstmals über den Dauerstreit.
Inzwischen haben sich die Städte Cottbus und Brandenburg/Havel sowie die Kreise Uckermark und Dahme-Spreewald der Forderung angeschlossen. Seit Oktober läuft eine “Volksinitiative zur Überwindung des Sachleistungsprinzips”, das per Bundesrecht geregelt ist, in den Ländern aber unterschiedlich ausgelegt wird. Die evangelische Kirche mit Bischof Wolfgang Huber an der Spitze wie auch zahlreiche Ausländerinitiativen kämpfen seit Jahren gegen die in Brandenburg praktizierten Regelungen. Unter Sozialministerin Regine Hildebrandt war das Land gemeinsam mit Bayern Vorreiter, als es darum ging, Flüchtlingen nur Wertgutscheine oder Sachleistungen zu gewähren.
Im Sozialministerium beschäftigte sich lange Monate eine Arbeitsgruppe mit dem heiklen Thema. In der für die Kabinettsitzung erarbeiteten “Besprechungsvorlage”, listet Baaske “Argumente pro und contra Sachleistung” auf, ohne sich selbst dezidiert festzulegen.
In einem Punkt wird den Gegnern der Brandenburger Praxis sogar eingeräumt, dass ihre Argumente “ernst zu nehmen” seien: Nämlich wenn sie beklagten, dass Sachleistungen ausländerfeindliche Ressentiments begünstigten und Bargeldauszahlungen die Möglichkeiten für ihre Integration verbesserten. Dem wird in dem Papier jedoch entgegengehalten, “gerade in den neuen Ländern sei eine konsequente Begrenzung der Asylzuwanderung gerade unter Einbeziehung des sozialen Leistungsrechts auch als unabdingbare Voraussetzung für ein Mindestmaß an Akzeptanz für die Asyl- und Flüchtlingszuwanderung zu bewerten”.
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