Die so genannte “Polizeikontrollstelle, Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei” sieht die Videoüberwachung am Potsdamer Hauptbahnhof als Misserfolg. In einer Pressererklärung werden anders lautende, positive Einschätzungen des Innenministeriums grundsätzlich bezweifelt. Ein deutlicher Rückgang von Straftaten in diesem Bereich sei in Wahrheit nicht beweisbar, weil es keine realistischen Vergleichsdaten zur Zeit vor der Kamerakontrolle gibt.
Nach mehrfacher Nachfrage der Fraktion Die Andere habe das Polizeipräsidium Potsdam zugegeben, dass eine aussagekräftige Statistik, die auch nur einen seriösen Vergleich der erfassten Straftaten zulassen würde, nicht existiert, heißt es. Eine detaillierte Erfassung der Straftaten im videoüberwachten Bereich sei erst ab dem 1. Juli 2002 erfolgt, obwohl die Anlage am 20. Dezember 2001 öffentlichkeitswirksam in Betrieb gegangen war. Straftaten im Bahnhofsinnenbereich werden überhaupt nicht ausgewertet, weil sie nicht in der Zuständigkeit der Polizei liegen, sondern in der des Bundesgrenzschutzes und der Deutsche Bahn AG. Die Initiative geht davon aus, dass die Videoüberwachung der Außenbereiche aber zu einer Abdrängung von Tätern unter anderem ins Innere des Komplexes geführt hat. Mithin hält die aus Kreisen der Antiwehrpflicht-Kampagne entstandene “Kontrollstelle” die vom Land angekündigte wissenschaftliche Auswertung der Videoüberwachung für “von vornherein ausgeschlossen”.
Nach den Erfahrungen von Flüchtlingsinitiativen und nach Angaben der Polizei haben rechte Übergriffe in Potsdam im letzten Jahr stark zugenommen. Einer der Schwerpunkte ist der Hauptbahnhof. Die Initiative geht davon aus, dass es eine Verdrängung der “normalen” wie der rechtsgerichteten Kriminalität in Innenbereiche des Bahnhofes oder ganz andere Stadtgebiete gegeben hat. Verlässlich beweisbar allerdings ist diese Annahme nicht. Die vom Polizeipräsidium gelieferten Daten besagen, dass im Jahr 2000 im gesamten Stadtgebiet 43 Straftaten mit eindeutig rechtsextremistischem Hintergrund verübt wurde, im Jahr 2001 noch 40 und allein im ersten Halbjahr 2002 schon 41. Das Stadtzentrum, zu dem auch der Bahnhof zählt, schlägt in der ersten Hälfte 2002 mit neun solchen Delikten zu Buche gegenüber vier im ganzen Jahr 2001 und zehn im Jahr 2000: faktisch eine reichliche Vervierfachung im hochgerechneten Vergleich 2002 (Halbjahr)/2001 (ganzes Jahr). Für die Teltower Vorstadt verzeichnete die Polizei nach demselben ungefähren Maßstab eine reichliche und für Drewitz eine knapp Verdoppelung, für den Stern aber sogar eine Versechsfachung. Die Initiative nimmt an, dass dieser Zuwachs auf eine videoüberwachungsbedingte Abdrängung dieser Tätergruppe zurückzuführen ist, verlangt aber eine aussagekräftige Gegenüberstellung der Erfassungszahlen.